Am 23. Januar haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Post und ver.di (Fachbereich 10, der 130 000 Beschäftigte vertritt) begonnen. Die Gewerkschaft fordert 6 Prozent mehr Gehalt und Ausbildungsvergütung, sowie die Möglichkeit, einen Teil davon in freie Zeit umwandeln zu können. (Vgl. Interview in der UZ vom 19.1.) Eine jährlich nach einer „Leistungsbeurteilung“ gezahlte Prämie soll künftig auf 12 Monate verteilt werden. Zudem verlangt ver.di die Übernahme der Ergebnisse für die bei der Post arbeitenden 32 000 Beamten. Obwohl die Kapitalseite die Forderungen kannte, kam von ihr – wie üblich – zunächst einmal kein Angebot. Ab 6. Februar soll in Berlin weiter verhandelt werden.
Zwar liegen die detaillierten Zahlen der Post AG für 2017 noch nicht vor, aber ein Plus gegenüber 2016 wird erwartet. Der Gewinn dürfte von 3,5 Mrd. Euro auf 3,75 Mrd. Euro weiter gestiegen sein. Konzernchef Appel konnte 9,93 Mio. Euro privat einstreichen, die Aktionäre sich über das Dividenden-Plus von 75 Prozent seit 2009 freuen. Die Beschäftigten hingegen ächzen unter zunehmender Arbeitsverdichtung. Einen höheren Anteil an dem allein von ihnen Erarbeiteten sollen sie aber nicht erhalten. ver.di zitiert Arbeitsdirektor Ogilvie von der Deutschen Post DHL: „Ich sehe (…) nur einen sehr engen Spielraum für die anstehende Lohnrunde etwa in Höhe der aktuellen Inflationsquote.“
Auch deshalb stimmt ver.di seine Mitglieder schon auf Warnstreiks ein und beugt der üblichen Unternehmerpropaganda durch Infos über das Streikrecht der Mitglieder vor. Das Gros der als Beamte Beschäftigten befindet sich im einfachen und mittleren Dienst. Sieht man von ihrer Unkündbarkeit ab, unterscheidet sich ihre Lage nicht von der der Tarifbeschäftigten. Für sie fordert ver.di auch die Fortschreibung der Postzulage. Sie wurde 2016 um 2,0 und 2017 um 1,7 Prozent erhöht.
Der ständig wachsende Arbeitsdruck lässt auch bei der Post, wie schon bei der Bahn und in der Metall- und Elektroindustrie, die Forderung nach Arbeitszeitverkürzungen wieder auf Resonanz stoßen. So haben 60 Prozent der EVG-Mitglieder, sogar 80 Prozent jener im Betriebsdienst mit Schicht-, Nacht- und Wochenendarbeit, sich für mehr Urlaub statt mehr Lohn entschieden. Auch wenn das keine allgemeine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich ersetzt, kommt doch wieder Schwung in die diesbezügliche Diskussion. Deshalb ist hier auch mit besonderem Widerstand der Bosse zu rechnen.