Ohne viel öffentliches Interesse traf man sich im noblen Kasseler Schlosshotel in Wilhelmshöhe. Der erste Verhandlungstermin, bei dem es um die Tarifrunde bei der Deutschen Post und ihre 160.000 Tarifbeschäftigten ging, verlief ohne Überraschungen. Die Vertreterinnen und Vertreter von ver.di begründeten kurz die Forderungen ihrer Gewerkschaft: 7 Prozent mehr Lohn, drei zusätzliche Urlaubstage plus einem zusätzlichen Urlaubstag nur für ver.di-Mitglieder und die Fortschreibung der Postzulage für Beamte.
Der übergroße Teil der Postler ist in den niedrigen Lohngruppen 1 bis 3 des Entgelttarifvertrages einsortiert. Die Kolleginnen und Kollegen liegen damit unterhalb des Medianlohnes. Das bedeutet für sie, dass – wenn sie es schaffen, den Beruf 40 Jahre ohne große Unterbrechungen auszuüben und den entsprechenden Lohn durchgängig zu beziehen – sie zumindest die Chance auf eine Rente haben, die sich knapp oberhalb der Altersarmut bewegt.
Bei der letzten Tarifrunde sei es um die Sicherung der Kaufkraft gegangen, so ver.di. Dieses Mal gehe es um die Aufwertung des Postlerberufs. Die drei zusätzlichen Urlaubstage seien wegen der ständig gestiegenen und weiter steigenden Belastungen nötig. Der zusätzliche Urlaubstag für ver.di-Mitglieder wurde vor allem in Abgrenzung zu nicht gewerkschaftlich organisierten „Trittbrettfahrern“ und zur „Kommunikationsgewerkschaft DPV“ (DPVKOM) gefordert, die Teil des Beamtenbunds dbb ist.
Dem Vernehmen nach geht es der Deutschen Post AG – wie immer in Tarifrunden – schlecht. Die Konjunktur sei eingebrochen, Stellenabbau und sinkende Kaufkraft seien zu erwarten. Nicht nur eine sinkende Postmenge sei in Aussicht, sondern auch die Paketmengen gingen bald zurück. Viel geben muss man darauf nicht. Und auch die ver.di-Verhandlungskommission ließ sich davon nicht beeindrucken.
Einige der Drohinstrumente, die der Konzernvorstand bereits in Stellung gebracht hatte, wurden von ver.di bisher nicht wahrgenommen. So sieht die verkündete „Strategie 2030“ die Aufspaltung der Post in formal eigenständige Aktiengesellschaften unter dem gemeinsamen Dach der DHL vor (UZ vom 11. Oktober 2024). Die neue Post AG soll eine davon sein. Zwar werde der Betriebsübergang ohne Änderungen erfolgen, so dass alle Schutz- und anderen Tarifverträge Bestand hätten, so das Versprechen. Aber es werden neue Sachzwänge geschaffen, darunter die Gewinnabführung. Kapital soll leichter abgezogen werden können, um damit in ausländische „Wachstumsmärkte“ investieren zu können.
Die Möglichkeiten zur Aufspaltung des Konzerns, die durch das neue Postgesetz entstehen, können sogar innerhalb des Konzerns und innerhalb der BRD zu neuen Konkurrenzverhältnissen führen. Der „Sozialpartner“ soll in diesen Unterbietungswettbewerb eingebunden werden.
Im Betrieb wird dies bereits diskutiert. Kommunistinnen und Kommunisten bei der Post haben das Interesse aus der Belegschaft aufgegriffen, ihre Analyse in Textform gebracht und zur Diskussion gestellt. Bisher blieb dies ohne Resonanz von Seiten des ver.di-Apparats. Dort wird die Geschäftsleitung der Post in Stellungnahmen ausgiebig zitiert, ohne die drohende Gefahr zu sehen.