Schon seit einiger Zeit werden zahlreiche Lokführer der Bahn AG geschult, um anfallende Durchsagen im „Betriebsablauf“ menschlicher und verständlicher rüberzubringen. Da soll es dann statt „die Fahrt verzögert sich wegen einer Weichenstörung“ heißen „Wir müssen stehenbleiben, weil die Weiche kaputt ist“. Das ist so die Art von „Verbesserung“ wie der ungenierte Umstieg vom Siezen zum Duzen: „Sie und ich sind doch Freunde, aber Du zahlst.“
Bei „Twitter“ wird die Schulung von zahlreichen Vorschlägen für „lockere“ Durchsagen begleitet. Meine Favoriten: „Hier spricht ihre Lokführerin. Und wie immer, wenn wir zu Ihnen sprechen, bedeutet das nichts Gutes.“ Noch typischer: „Reisende, die sportlich unterwegs sind und nicht zu viel Gepäck haben, sollten den Anschlusszug noch erreichen.“
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Das hier ist hoffentlich nicht mehr als ein Déjà-vu.
Vor knapp zehn Jahren fand ich in einer europäischen Hauptstadt erst nach geraumer Zeit einen Bankautomaten, der Geld „ausspuckte“. Über Nacht war Bankenkrise; die Herrschaften waren nicht bereit, mir mein Geld auszuzahlen, weil sie einander misstrauten.
Jetzt piept der Automat in der kleinen deutschen Mittelgebirgs-Stadt, auf dem Bildschirm blinkt es: „Eine Auszahlung ist zur Zeit nicht möglich“. Da traut eine kleine Bank einer großen anscheinend nicht. Mir pressiert es, aber ich muss den Berg hoch zur Filiale „meiner“ Bank, um an mein Geld zu kommen. Die nächste Bankenkrise? Lieber nicht beschreien. Servicegesellschaft? Wie wir sie kennen und lieben.
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Dass Recht in diesem unserem Lande nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat ist eine Binsenweisheit. Ein besonders krasses Beispiel hat mit unserem Lieblingsspielzeug, dem Auto, zu tun.
Im Jahre 2016 wurden auf der A3 bei Köln 400 000 Autofahrer zu Unrecht geblitzt. Sie waren nach einer Baustelle über 60 km/h gefahren, aber kein Schild wies auf eine diesbezügliche Geschwindigkeitsbegrenzung hin. Seit dem 13. Dezember vergangenen Jahres ist das gerichtsnotorisch. 90 Prozent der geblitzten Autofahrer werden wohl trotzdem auf ihren Knöllchen und auf den Punkten in Flensburg sitzenbleiben. Die Bußgeldverfahren sind rechtskräftig abgeschlossen, Einspruchsfristen verstrichen: Punktum. Für die Stadt Köln, die die Millionen kassiert hat, erklärt Oberbürgermeisterin Henriette Reker außerdem vorsorglich, dass eine Rückzahlung zu viel Verwaltungsaufwand bedeuten würde. Nur 35 000 AutofahrerInnen im schwebenden Verfahren haben Glück, nein, erfahren Gerechtigkeit. Die Verfahren werden eingestellt.
Nicht nur Frau Reker sollte sich vielleicht überlegen, dass die legale Wegelagerei der Städte auch etwas mit Vertrauensverlust und Rechtsentwicklung zu tun hat.
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Justus Bender, Redakteur der FAZ, hat ein Buch geschrieben „Was will die AfD?: Eine Partei verändert Deutschland“. Nicht erst seit da gilt er als Experte für Rechtspopulismus.
Das verleiht ihm in unserer schönen Medienwelt die Möglichkeit, in diversen Medien seine Thesen zu verbreiten. Bei „wdr2“ weist er richtig darauf hin, dass der Streit über den möglichen Ausschluss von Björn Höcke aus der AfD dieser Partei eine monatelange Medien-Aufmerksamkeit bescheren wird. In „seiner“ Zeitung fordert er von der AfD-Führung einen rigideren Umgang mit Höcke: „Solange Björn Höcke sich auf eine unbeschränkte Freiheit auch zu Tabubrüchen berufen kann, wird er diese nutzen, um die Öffentlichkeit mit kruden Thesen bekannt zu machen.“ Höcke hatte bekanntlich das Holocaust-Denkmal in Berlin ein „Schandmal“ genannt. Das als Volksverhetzung, nationalsozialistische Propaganda und Verfassungsbruch zu brandmarken, kommt dem Kollegen Bender anscheinend nicht in den Sinn. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat das getan, und einige linke Bundestagsabgeordnete haben Höcke angezeigt. Bender ist das keiner Erwähnung wert. Jetzt ausgerechnet von der AfD-Führung Abhilfe zu erwarten, grenzt an Beihilfe. Zum Tabubruch gehören unbedingt auch die, die ihn ungeniert und nur unzureichend hinterfragt verbreiten.