Hetze gegen China ist kein Kriterium für Sozialismus – Von Lucas Zeise, Frankfurt am Main

Systemkonkurrent China

Lucas Zeise

Warum wird der Antrag des PV dem 25. Parteitag vorgelegt? Im Text des Antrags heißt es: „Uns ist eine korrekte Einschätzung der Rolle der VR China wichtig, auch weil der US-Imperialismus eine militärische Aggression vorbereitet“ (Z 35-37). Eine antichinesische Propaganda sei Teil der Kriegsvorbereitungen. Das sieht wie ein akzeptabler Grund aus. Der Propaganda der Kriegsvorbereiter muss in der Tat entgegengetreten werden. Im letzten 5. Abschnitt heißt es: „Wir stellen uns gegen den Versuch, die VR China als Reich des Bösen darzustellen.“ (275-276) In dieser Frage herrscht erfreulicherweise Einigkeit.

„Haben wir nichts Besseres zu tun, als uns mit China zu befassen?“, zitiert Conny Renkl, einer der Autoren des PV-Antrags, diese rhetorisch gemeinte Frage Patrik Köbeles unter der Überschrift „Wann, wenn nicht jetzt?“ (UZ vom 18. November). Die Dringlichkeit der Debatte wird von beiden mit der in jüngster Zeit tatsächlich verstärkten Hetze gegen China und dem von den USA auch gegen China begonnenen Wirtschaftskrieg begründet. Renkl weist auf ein Grundsatzpapier des BDI von 2019 hin. Diese BDI-Stellungnahme macht im PV-Antrag selbst den ganzen ersten Absatz (5-12) aus: „Das chinesische Modell (…) tritt damit in einen systemischen Wettbewerb zu liberalen Marktwirtschaften“, heißt es da. Laut Renkl „beförderten“ Bundesregierung und die EU und China damit zum Systemkonkurrenten.

Wollen Renkl und die übrigen Autoren des PV-Antrags uns mitteilen, dass die deutschen und anderen Monopolkapitalisten China erst seit 2019 zum „Systemgegner“ befördert haben? Das wäre einfach falsch. Auch zu den besten Zeiten der Geschäfte mit China wurde dessen „undemokratische Einparteienherrschaft“ heftig getadelt. Die chinesische Insel Taiwan wurde zwar von den USA als Bestandteil Chinas anerkannt, aber dennoch von den USA mit Waffen versorgt. Im Westen werden seit langem die Bürgerproteste Hongkongs hochgejubelt, die „Verletzung der Menschenrechte“ in Xinjiang angeprangert und der Dalai-Lama als spiritueller Führer Tibets verehrt. Die deutschen Konzernchefs haben den Kanzlern der Republik bei ihren Reisen nach Peking aufgetragen, die „Menschenrechtsverletzungen“ in China anzuprangern und zugleich ihre Geschäftsmöglichkeiten zu fördern.

Renkl, Köbele und den anderen Autoren des PV-Antrags dient die BDI-Erklärung, China entwickele „sich strukturell kaum mehr in Richtung Marktwirtschaft und Liberalismus, sondern“ sei „im Begriff, sein eigenes, politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Modell zu verwirklichen“ als Beleg dafür, dass sich China vom Kapitalismus wieder weg- und sich in Richtung eines „modernen sozialistischen Landes“ hinbewegt.

Ob das wirklich so ist, bleibt allerdings die entscheidende Frage. Sie muss nicht deswegen beantwortet werden, um die verstärkte Aggression des Westens gegenüber China zu erklären. Auch Russland oder der Iran sind Opfer dieser Aggression und zwar nicht deswegen, weil sie den Anspruch haben, in irgendeiner Weise den Sozialismus aufbauen zu wollen. Die Frage ist deswegen wichtig, weil es dabei um unser sozialistisches Ziel geht. Viele Genossen sind in die DKP eingetreten, weil sie als einzige Partei in Deutschland für die Abschaffung des Kapitalismus und das Ziel des Sozialismus eintritt. Nach dem Ende der Sowjetunion haben einige kommunistische Parteien dieses Ziel entweder explizit aus ihrer Programmatik gestrichen oder es stillschweigend aufgegeben. Schon deshalb rückte China als bei weitem größtes Land, das in irgendeiner Form an diesem Ziel festhielt, gleichzeitig aber kapitalistische Verhältnisse einführte, in den Mittelpunkt des Interesses. Deshalb haben wir schon mindestens drei Jahrzehnte Diskussion über China hinter uns. Die jüngsten Parteitage haben die Frage des Sozialismus als unser Ziel und die Verhältnisse in China deshalb kontrovers diskutiert.

Die Autoren des Antrags nutzen die verstärkte Hetze gegen China, um dieser Frage weiterhin auszuweichen und kapitalistische Entwicklung als den richtigen Weg zum Sozialismus zu verkaufen.

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"Systemkonkurrent China", UZ vom 9. Dezember 2022



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