Seit Òscar Pérez in der vergangenen Woche in Venezuela bei einem Polizeieinsatz getötet wurde überschlagen sich die deutschen Medien. Unter einem Bild Maduros titelt „Spiegel Daily“ mit „Der Schlächter – Wie Venezuelas Präsident seine Gegner ausschalten lässt – und sein hungerndes Volk unterdrückt“, „tagesschau.de“ setzt bei der Beschreibung von Pérez und seinen Anhängern das „Terroristen“ in Anführungszeichen und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ faselt davon, der Tod habe Pérez vom „Held zum Märtyrer gemacht“ und berichtet schnell noch, dass „Menschenrechtsorganisationen“ das „brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte“ scharf verurteilen. Näher benennen können sie ihre Quellen auch nicht, handelt es sich bei den doch um Vertreter der rechten Opposition Venezuelas.
Was damit bezweckt wird ist klar. Längst sind wir an die Vorbereitung von Regime-Changes in den deutschen Leitmedien gewöhnt, denken wir nur an den „Henker von Bagdad“ oder an die „blutigen Hände“ von Muammar al-Gaddafi.
Nach der Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung und der Entlassung der Generalstaatsanwältin Ortega war es im deutschen Blätterwald ruhig geworden um Venezuela. Es lassen sich keine Titelbilder von schönen Steinewerfern mehr finden, die Proteste sind vorbei. Heroen wie Caterina Ciarcelluti (Venezuelas schönste Demonstrantin, „Bild“), die mit Demoselfies hierzulande Sympathien für die gewalttätige venezolanische Opposition wecken sollten, kämpften angeblich für das „hungernde Volk“ („Der Standard“). Inzwischen muss man sagen, die damals bejubelten Demonstranten haben wenigstens nur mit Steinen und Molotowcoktails geworfen als sie den Aufrufen der venezolanischen Oppostion zur Gewalt folgten. Bei Òscar Pérez sieht das anders aus.
Besonders widerlich wird die mediale Offensive im Fall Pérez, wenn sie anfangen über seine eigentlichen Taten zu reden. Da wird der Beschuss des Obersten Gerichtshofes und des Innenministeriums aus einem gestohlenen Polizeihubschrauber heraus, schnell zu einer „unblutigen“ (FAZ) bzw. schlicht „spektakulären“ (tagesschau.de) Aktion und das Terrorkommando wahlweise zu „Pérez und seinen Mitstreitern“ (tagesschau.de) oder zu „Rebellen“ (spiegel online). Nicht erwähnt im bundesdeutschen Medienzirkus wird, dass sich im Gebäude des Obersten Gerichtshofes eine Vorschule befindet, in der sich zum Zeitpunkt des Angriffes Kinder aufhielten und dass auf der Terrasse des Innenministeriums eine Feier stattfand. Der „Märtyrer“ Pérez hat also den Tod von Kindern bei seiner „spektakulären Aktion“ billigend in Kauf genommen.
Ebenfalls keine Erwähnung findet, dass seine Terrorzelle nach Erkenntnissen venezolanischer Ermittler plante, eine Autobombe vor der kubanischen Botschaft in Caracas zu platzieren, was vermutlich auch nicht ohne Tote und Verletzte abgegangen wäre, hätten die Ermittler nicht vorher eingegriffen.
Die deutschen Medien schweigen auch über die Hintergründe der Krise in Venezuela. Die vom US-Finanzministerium verhängte Sanktion macht es Venezuela schwer, gefördertes Öl auch zu verkaufen. Der Export in die USA sank 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent, US-Raffinerien, die Öl aus Venezuela bezogen haben, können die Lieferungen nicht bezahlen, da US-Banken sich weigern die Geschäfte abzuwickeln.
Auch die EU beschloss Sanktionen gegen Venezuela, weitere werden folgen, wenn Präsident Maduro nicht für einem „konstruktiven Dialog und Verhandlungen“ offen sei. Auch die EU möchte Venezuela anscheinend so lange aushungern, bis es zum Regime-Change bereit ist.