Zwei Jahre lang hat die Endlagerkommission des Bundestags gearbeitet und jetzt ihren Bericht vorgelegt. Die Umweltschutzorganisation Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Fraktion der Linken im Bundestag lehnen den Bericht ab. Das Gremium habe „eine große Chance für einen wirklichen Neustart vertan“, erklärte der Linken-Atomexperte Hubertus Zdebel am Montag in Berlin.
Der BUND sieht das Vorhaben als „missglückt“ an, durch die Arbeit der Kommission einen gesellschaftlichen Konsens zum Auswahlverfahren für ein deutsches Endlager für hochradioaktiven Atommüll herzustellen. Auch wenn deren Bericht durchaus wichtige Vorschläge enthalte, müsse er „an entscheidenden Stellen“ unbedingt noch nachgebessert werden.
Der Vertreter des BUND hatte nach eigenen Angaben als einziges stimmberechtigtes Mitglied der Kommission bei der internen Schlussabstimmung in der vorigen Woche gegen den Bericht gestimmt und ein Sondervotum abgegeben. Der für die Linken-Bundestagsfraktion in dem Gremium sitzende Zdebel lehnte den Bericht im Namen seiner Partei ebenfalls ab. Wie alle anderen Vertreter der Politik war er bei der Abstimmung allerdings nicht stimmberechtigt.
Laut Bundestag empfiehlt der Bericht, Atommüll in einem Bergwerk unterirdisch zu lagern. Er schließt keines der im Standortauswahlgesetz bereits genannten drei Wirtsgesteinarten Salz, Ton und Granit als denkbare Formation aus. Auch der umstrittene Standort Gorleben, auf den sich die deutschen Planspiele früher ausschließlich konzentrierten, soll demnach im Rennen bleiben. Das Ausfallverfahren für ein Endlager wird noch Jahrzehnte dauern.
Zahlreiche Umweltschutzorganisationen und Anti-Atom-Initiativen hatten eine Mitarbeit in der Kommission aus prinzipiellen Gründen abgelehnt. Wie Linke und Bund übten sie unter anderem scharfe Kritik daran, dass der Standort Gorleben nicht von vornherein aus der Suche ausgeschlossen werden soll. Auch die Öffentlichkeitsbeteiligung reicht ihnen nicht.
Vertreter der Endlagerkommission haben nun die Anti-Atomkraft-Bewegung und die Bundesländer aufgerufen, die Suche nach einem Endlager für den Atommüll nicht zu behindern. Es sei klar, „dass wir jetzt unabhängig von früheren Positionen das Problem lösen müssen“, sagte der Vorsitzende Michael Müller (SPD) am Dienstag in Berlin. Bei der Lösung des Problems der Atommüll-Entsorgung gehe es nicht mehr um ein „ja oder nein“, sondern um das „wo und wie“, mahnte der ehemalige Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Da der Müll bereits existiere, gebe es „vollendete Tatsachen“. Kritik sei zwar willkommen, es sei aber falsch, die Motive des Gremiums pauschal in Zweifel zu ziehen.
Anlass für Kritik ist unter anderem die Tatsache, dass der hochumstrittene mögliche Standort Gorleben in die Untersuchungen einbezogen werden soll. Das sieht auch die 2013 beschlossene Fassung des Standortauswahlgesetzes so vor. „Es wird im gesamten Bundesgebiet nach einem Endlagerstandort gesucht“, sagte die Ko-Vorsitzende, Ursula Heinen-Esser (CDU), ebenfalls eine Ex-Staatssekretärin im Bundesumweltministerium.
Ein Verzicht auf Gorleben wäre an anderen möglichen Endlager-Standorten ihrer Meinung nach „nicht vermittelbar“, ergänzte Heinen-Esser. Das Festhalten an Gorleben ist einer der Hauptkritikpunkte aus den Reihen der Anti-Atom-Bewegung, die den Standort ablehnt.
Auch innerhalb der Kommission war dieser Punkt umstritten. Müller sagte am Dienstag, er sei gegen die Einbeziehung Gorlebens gewesen. Für ihn sei klar, dass der Standort wegen der mit ihm verbundenen „gesellschaftlichen und historischen Erfahrungen“ einem Konsens beim Neustart der Endlagersuche im Wege stehe und zudem auch geologisch ungeeignet sei.
Dass im gesamten Bundesgebiet nach einem Endlager gesucht werden soll, verstimmt unter anderem die Landesregierungen von Sachsen und Bayern. Denn neben Ton- und Salzschichten kämen auch dünnere Granitschichten infrage, wie sie in beiden Freistaaten vorkommen. Beide Landesregierungen erhoben prompt Einspruch dagegen. „Damit stoßen sie allen anderen vor den Kopf“, kritisierte der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (Grüne).