Kohlegegner kündigen erneute Massenproteste im Hambacher Forst an

Streit um Kohleausstieg

Von Markus Bernhardt

Während Umweltschützer auf einen schnellen Kohleausstieg drängen, will die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD erst mal eine Kommission einsetzen, die noch in diesem Jahr ein Enddatum für den Ausstieg aus der Kohle benennen soll.

Den Umweltverbänden geht das nicht schnell genug. Sie fordern einen Kohleausstieg noch vor 2030. „Nimmt die Bundesregierung das Pariser Klimaabkommen ernst, müsste Deutschland deshalb schon bis 2040 seine Emissionen insgesamt nahe Null bringen. Übersetzt für die Kohle bedeutet das: Ende der Nutzung noch deutlich vor 2030“, stellt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in einer Expertise klar.

Tatsächlich ist Kohlestrom der Hauptgrund dafür, dass die Treib­hausgase in Deutschland seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr gesunken sind. Die BUND-Experten rechnen zudem damit, dass das Klimaziel 2020 drastisch verfehlt wird. „Statt der beschlossenen Minderung der Emissionen um 40 Prozent bis 2020 werden schlimmstenfalls lediglich 30 Prozent erreicht.“

Jedoch waren CDU/CSU und SPD bereits im Koalitionsvertrag davon abgerückt, das deutsche Klimaschutzziel 2020 einzuhalten. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Bundesrepublik die Treib­hausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent senkt. Prognosen zufolge wurden sie bis Ende des Jahres 2017 jedoch nur um knapp 27 Prozent gesenkt.

Während die führenden Umweltverbände es für zwingend erforderlich halten, dass die von der Bundesregierung geplante Kommission ausgewogen besetzt und gemeinsam von Wirtschafts- und Umweltministerium geführt wird, ließ der Chef der IG BCE, Michael Vassiliadis, eine Spitze gegen die Umweltschützer ab. „Wer die Kommission auf einen radikalen Kohleausstieg reduziert, handelt unseriös und schadet dem Klimaschutz“, behauptete er. Die für den Energiesektor zuständige Gewerkschaft versucht seit Jahren die Energiewende zu torpedieren und begründet dies unter anderem mit dem Schutz der Arbeitsplätze im Kohlesektor. Dieses vermeintliche Argument zieht jedoch nicht. Zwar fordern die Umweltverbände einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kohle, jedoch keineswegs ohne zu betonen, dass die soziale Sicherheit der Beschäftigten selbstverständlich  gewährleistet werden müsse. „Der Kohleausstieg muss in den deutschen Bergbauregionen, vor allem aber in der Lausitz, sozial abgefedert und auch finanziell unterstützt werden. Grundsatz muss sein: Gelder für Beschäftigte und Regionen, nicht für Konzerne“, stellt etwa der BUND auf seiner Internetseite klar.

Unterdessen gehen die Proteste gegen den weiteren Kohleabbau in die nächste Runde. So kündigte das Bündnis „Ende Gelände“ eine Massenaktion und zivilen Ungehorsam im Rheinischen Braunkohlerevier für Oktober dieses Jahres an, um am Tagebau Hambach wieder für einen sofortigen Kohleausstieg einzutreten.

„Der Erhalt des Hambacher Forsts ist eine Sofortmaßnahme für Klimagerechtigkeit hier und weltweit. Alle wissen, dass die Kohle im Boden bleiben muss, um die Klimakrise nicht zu verschärfen. Dennoch zerstört RWE aus Profitinteresse weiterhin den Wald. ‚Ende Gelände‘ stellt sich dieser Absurdität entgegen“, stellte Bündnissprecherin Karolina Drzewo klar.

Schon im letzten Jahr hatte sich „Ende Gelände“ im August und November mit Aktionen massenhaften zivilen Ungehorsams für den sofortigen Kohleausstieg stark gemacht. Bei den Protesten im Hambacher Forst, der bereits zu großen Teilen für den Tagebau zerstört wurde, war es zu teils äußerst brutalen Polizeiübergriffen gekommen. Auch die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) hatte sich damals mit den Opfern der Polizeigewalt und den Aktionen von „Ende Gelände“ solidarisiert.

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"Streit um Kohleausstieg", UZ vom 6. April 2018



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