Der Verein Demokratischer Ärzt*innen kritisiert den Angriff der FDP auf das Streikrecht

Streikrecht verteidigen

„In den letzten Jahren haben Streiks und die gewerkschaftliche Organisierung glücklicherweise wieder zugenommen. Wenig überraschend, dass nun Industrievertreter und Parteien wie CDU und FDP darauf hinarbeiten, das ohnehin schon beschnittene Streikrecht weiter einzuschränken. An der Seite der Gewerkschaften sollten wir jedem noch so harmlos klingenden Versuch solcher antidemokratischer Politik entgegentreten“, so Felix Ahls, Ko-Vorsitzender des Vereins Demokratischer Ärztinnen (vdää*).

In einem Positionspapier vom Juli dieses Jahres schlägt die FDP vor, in Bereichen der „Kritischen Infrastruktur“, zu der sie auch die „Gesundheits- und Sozialversorgung“ zählt, das Streikrecht einzuschränken. ver.di-Vorsitzender Frank Werneke deutet diesen Vorschlag als faktische Aushebelung des Streikrechts für den kompletten Öffentlichen Dienst.

Anlass ist für die FDP der vom vdää* unterstützte Streik der Kollegen der GDL im Frühjahr, der, so das Argument, in „eklatanter Weise unbeteiligte Dritte“ betroffen habe, „die bei Streiks in Bereichen wie beispielsweise dem Transport- und Verkehrswesen am meisten unter den Ausfällen und unter fehlender Planbarkeit zu leiden haben.“ Dazu erläutert Felix Ahls: „Ein Streik ist eine Auseinandersetzung zwischen abhängig Beschäftigten und ihren Arbeitgebern. Da die einen von den anderen abhängig sind, ist das nie eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe bzw. unter Gleichen, wie es die FDP in ihrem Papier darstellt. Die Lebenssituation, und selbstverständlich gerade die gesundheitliche Situation, hängt für uns Lohnabhängige essenziell mit der Höhe unseres Lohns und unseren Arbeitsbedingungen zusammen. Mit gewerkschaftlicher Organisierung wehren wir uns gegen die unseren Bedürfnissen meist entgegengesetzten Interessen der Arbeitgeber, die anstreben, die Löhne zu senken, Arbeit zu verdichten, Personal zu reduzieren und so Profit und Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen. Streiks stellen dabei häufig als das einzig wirksame Instrument dar, mit dem wir für bessere Arbeitsbedingungen eintreten können.“

Christiane Bachelier, ebenfalls Ko-Vorsitzende des vdää*, ergänzt: „Gerade weil das öffentliche Gesundheitssystem, wie andere Strukturen öffentlicher Infrastruktur auch, dem Großteil der Bevölkerung zur Verfügung stehen, sind viele Menschen von den Streiks betroffen. Gleichzeitig sind die Verbesserungen, die gerade Beschäftigte in der kritischen Infrastruktur durchsetzen wollen, durchaus im Sinne der Allgemeinheit. So kämpfen Krankenhausbeschäftigte etwa für eine bessere Versorgung ihrer Patientinnen und Kitabeschäftigte für eine bessere Betreuung.“

Der vdää* arbeitet seit Jahren insbesondere auch mit ver.di zusammen, um den Einsatz der Krankenhausbeschäftigten beispielsweise für Entlastungstarifverträge zu unterstützen. Damit mehr Menschen auch langfristig in den Krankenhäusern arbeiten möchten und die Qualität der Versorgung steigt, haben die Beschäftigten lange streiken müssen.

„Die FDP zeichnet in ihrem Papier völlig sachfremd ein falsches Bild von der Gesellschaft. Sie schreiben, dass die Betriebe in der Kritischen Infrastruktur weitgehend in öffentlichem Eigentum seien, weshalb der durch Streik angerichtete Schaden am Betrieb immer durch den im Hintergrund stehenden Staat ausgeglichen werden könne. Kein Wort davon, dass fast alle der genannten Bereiche inzwischen privatisiert oder teilprivatisiert sind – unter anderem auf Drängen der FDP“, so Bachelier. „Wenn die FDP die kritische Infrastruktur für so wichtig und dort mehr gesetzliche Regelungen für angebracht hält, warum propagiert sie dann z. B. Privatisierungen von Krankenhäusern, die dazu führten, dass Kommunen kaum noch Einfluss auf das Geschehen dort haben? Warum propagierte sie die Privatisierung der Deutschen Bahn, deren Auswirkungen wir heute anhand von maroden Strecken, Zugausfällen und Verspätungen täglich erleben können?“

FDP, CDU und Arbeitgeberverbände setzen sich entgegen ihrer schönmalerischen Verlautbarungen für die Interessen ihrer Klientel ein, also gegen die Interessen der Lohnabhängigen. Gewerkschaften setzen sich mit Streiks für die Interessen der Allgemeinheit ein. Der vdää* unterstützt die zunehmende gewerkschaftliche Organisierung und Streikbereitschaft sowie die Ausweitung des Streikrechts statt dessen weiterer Einschränkung.

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