Am 20. August endet das Ultimatum von Berliner Krankenhausbewegung und ver.di an den Berliner Senat und Geschäftsführungen der landeseigenen Krankenhausbetriebe. Am Vorabend findet eine Demonstration ab 16 Uhr vom Anhalter Bahnhof zum Berliner Abgeordnetenhaus statt, um die Entscheidungsträger an die Forderungen nochmals zu erinnern: Es geht für die etwa 9.000 Beschäftigten um Tarifangleichung auf TVöD-Niveau, um Regelungen zur Entlastung und um bessere Ausbildungsbedingungen.
Die Berliner Krankenhausbewegung und ver.di stellten weitere Warnstreiks nach Ablauf des Ultimatums in Aussicht, falls bis dahin kein neues Angebot kommt. In den letzten Wochen war die Lage der Auszubildenden und ihre Mobilisierung ein wichtiger Motor der Bewegung. In einer Befragung von 300 Pflege-Azubis in Vivantes und Charité kam heraus, dass die Hälfte der Befragten sich nicht vorstellen kann, den Pflegeberuf langfristig auszuüben. Und zwei Drittel beklagten die negativen Auswirkungen der Arbeitsbedingungen auf ihr Privatleben. 97 Prozent befürworten einen Belastungsausgleich für einen Einsatz in unterbesetzten Schichten. 80 Prozent wollen sich an Aktionen und Streiks beteiligen.
Die Charité-Leitung legte bei der ersten Verhandlungsrunde am 6. August kein verhandlungsfähiges Angebot vor. Stattdessen wurden mögliche Betriebsvereinbarungen zur Personalentlastungen und dazu noch eine Art Haustarifvertrag ins Spiel gebracht. Diese sogenannten „individuellen Lösungen“ waren Anlass für die ver.di-Tarifkommission, die Verhandlung nach sechs Stunden abzubrechen. Natürlich wies die Gegenseite die Verantwortung für den Abbruch allein ver.di zu. Am 16. August lehnte die Vivantes-Geschäftsführung in einer Pressemitteilung Verhandlungen über einen Entlastungstarifvertrag ab. Die geforderten Regelungen wurden abgelehnt, da sie zu teuer seien. Wegen des Fachkräftemangels müsse man dann außerdem 360 bis 750 Betten und in der Folge nichtpflegerisches Personal abbauen.
Dreh- und Angelpunkt des Pflegenotstands sind die Arbeitsbedingungen. Gibt es hier keine Verbesserung, setzen sich Personalfluktuation und -mangel immer weiter fort. Natürlich kostet eine gute Personalausstattung Geld. Für die privatwirtschaftlich denkenden und handelnden Vivantes- und Charité-Leitungen sind Steigerungen in diesem Bereich überflüssige Kosten, die die Gewinnerwartung schmälern. Hier stellt sich die Frage, wem das Gesundheitswesen dienen soll.
Im Sinne einer bedarfsgerechten, wohnortnahen Krankenhausversorgung brauchen die landeseigenen und auch die anderen Krankenhäuser mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen. Der Arbeitskampf in der Charité und bei Vivantes bündelt erstmals Streikbewegungen bei verschiedenen Krankenhausträgern. Nach dem erfolgreichen Streik an der Charité 2016 für den bundesweit ersten Entlastungstarifvertrag geht es nun darum, für eine wirkliche Entlastung zu sorgen, und dies nicht nur in einem Betrieb. Verbunden ist die Kampagne mit dem Kampf gegen die Folgen des Outsourcing mit dem Ziel, TVöD für alle zu erreichen. Nach den langen und zähen Lohnkämpfen in der CFM (Charité Facility Management) finden aktuell in den Vivantes-Tochtergesellschaften immer wieder Warnstreiks statt.
In der jetzt, nach dem Ende des Ultimatums, bevorstehenden neuen Eskalationsstufe werden auch die Beschäftigten aus der Pflege in der kommenden Woche Warnstreiks durchführen. Es ist angesichts der hart ablehnenden Haltung der Geschäftsführungen zu erwarten, dass ein Erzwingungsstreik notwendig wird. Viele Beschäftigte sind dazu bereit.