Erinnerung zum 75. Geburtstag der IG Metall an Friedenskämpfe

Streik gegen den Krieg

Ulrike Eifler

Am 1. September jährte sich der Beginn des Zweiten Weltkrieges zum 85. Mal. Gleichzeitig feierte die größte deutsche Gewerkschaft, die IG Metall, ihr 75-jähriges Bestehen. Die Revitalisierung der Gewerkschaften nach ihrer Zerschlagung durch den Faschismus fiel vermutlich zufällig auf den späteren Antikriegstag. Es handelt sich jedoch um einen wichtigen Zufall, der unseren Blick auf eine fast vergessene Tradition lenkt.

So spielte der Deutsche Metallarbeiterverband – die von Hitler zerschlagene Vorgängerorganisation der IG Metall – in der Auseinandersetzung um das Ende des Ersten Weltkrieges eine zentrale Rolle. Während sich zu Beginn des Krieges die Arbeiterbewegung noch der kaiserlichen Regierungspolitik unterordnete, entwickelte sich in den Folgejahren sowohl in der SPD als auch in den Gewerkschaften eine Opposition. Im Juni 1916 legten 55.000 Arbeiter der Berliner Rüstungsbetriebe aus Protest gegen den Liebknecht-Prozess die Arbeit nieder. Im Januar 1918 streikten 750.000 Menschen für ein Ende des Krieges. Viele der Streikenden waren Frauen, die in den Munitionsfabriken Granaten drehen mussten. Es handelte sich um eine beeindruckende Protestbewegung für Frieden, die wenige Monate später in die Novemberrevolution mündete und den Krieg beendete.

Das Verhältnis zwischen IG Metall und Friedensbewegung blieb auch in der Nachkriegsgeschichte kein selbstverständliches, aber immer ein mögliches. Gewerkschafter wie Otto Brenner oder Georg Benz rangen darum, dass die IG Metall in der Friedensbewegung ihren Platz einnahm. Als sie es tat, gewann die Bewegung an Breite. Gleichzeitig bedeuteten derlei Allianzen immer auch Rückenwind für den gewerkschaftlichen Kampf.

Auch heute reagiert die IG Metall zurückhaltend auf die wachsende Kriegsgefahr. Eine Kritik an der Stationierung der Mittelstreckenraketen sucht man vergebens. Dabei steigt das Eskalationsrisiko für die Bevölkerung erheblich. Die negativen Auswirkungen der Zeitenwende auf die Kampfkraft der Gewerkschaften dürfen nicht unterschätzt werden. Die Unterordnung aller gesellschaftlichen Bereiche unter die Außenpolitik wird sich auch auf das Kräfteverhältnis von Kapital und Arbeit auswirken. Im Ringen um eine starke Friedensbewegung kann der Blick auf unsere historischen Wurzeln zur Inspiration werden.

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"Streik gegen den Krieg", UZ vom 6. September 2024



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