Streik für Sozialtarifvertrag

Werner Sarbok im Gespräch mit Robert Sadowsky

Seppelfricke und die AI-Gruppe

Bei der Seppelfricke Armaturen GmbH in Gelsenkirchen fertigen etwas über 100 Kolleginnen und Kollegen Armaturen für die Gas- und Wasserinstallation. In Gelsenkirchen gibt es heute noch drei Standorte von Seppelfricke mit insgesamt 300 Beschäftigten.

Seit 1996 gehört Seppelfricke Armaturen zu Aalberts Industries N. V. (AI). Der Konzern wurde in Venlo (NL) im Jahr 1975 durch Jan Aalberts gegründet und ist seit März 1987 an der Börse in Amsterdam notiert. Er beschäftigt weltweit ca. 15 300 Mitarbeiter in über 200 Standorten in mehr als 30 Ländern und erzielte 2016 einen Umsatz in Höhe von 2,52 Mrd. Euro.

Robert Sadowsky: Für den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen darf man ja in Deutschland bedauerlicherweise nicht streiken.

Robert Sadowsky: Für den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen darf man ja in Deutschland bedauerlicherweise nicht streiken.

( IGM Gelsenkirchen)

Die Kolleginnen und Kollegen der Seppelfricke Armaturen GmbH in Gelsenkirchen sind am Mittwoch (nach Redaktionsschluss dieser UZ) erneut in einen Warnstreik getreten. Ein erster Warnstreik hatte bereits am 3. Juli stattgefunden. Über die Hintergründe sprach die UZ mit Robert Sadowsky, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Gelsenkirchen.

UZ: Warum haben die Kollegen die Brocken hingeschmissen?

Robert Sadowsky: Das Unternehmen hat angekündigt, Maschinen aus dem Unternehmen nach Großbritannien zu verlagern. Wir sehen daher die Arbeitsplätze an unserem Standort gefährdet.

UZ: Ist eine Produktion mit den verbleibenden Maschinen noch möglich?

Robert Sadowsky: Nein. Eine wirtschaftliche Produktion ist mit den veralteten, hier verbleibenden Maschinen nicht möglich. Auch die Ankündigung des Unternehmens, bisher ausgelagerte Arbeiten wieder an diesen Standort zurückzuholen, würde keine Sicherheit der Arbeitsplätze bringen. Es würde auch bedeuten, dass die Kollegen, die bisher mit hochkomplexen und anspruchsvollen Arbeiten betraut waren, nun einfachste Tätigkeiten ausführen müssten. Die sind bisher in Justizvollzugsanstalten oder Behindertenwerkstätten erledigt worden. Das ist auf längere Sicht den Kollegen nicht zumutbar.

Das Unternehmen ist auch nicht bereit, Arbeitsplatzgarantien abzugeben oder eine Entgeltsicherung zu vereinbaren. Daher haben wir gesagt: Wir fordern einen Sozialtarifvertrag, und da haben wir auch mittlerweile einen Verhandlungsstand. Aber dieser Verhandlungsstand wird nun von der Geschäftsleitung nicht mehr akzeptiert.

UZ: Welche Ziele wollt ihr im Sozialtarifvertrag vereinbaren?

Robert Sadowsky: Wenn es doch zu Entlassungen kommen sollte, wollen wir recht hohe Abfindungen vereinbaren. Wir können ja in einem Sozialtarifvertrag nicht den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen einfordern – dafür darf man ja in Deutschland bedauerlicherweise nicht streiken. Wir haben gefordert, dass Menschen, die umgesetzt werden, eine Entgeltsicherung erhalten und wir haben gefordert, dass Menschen, denen eine solche Umsetzung nicht zumutbar ist, eine Transfer- bzw. Qualifizierungsgesellschaft mit einer guten Ausstattung, mit einer ausreichenden Laufzeit angeboten wird.

UZ: Die IG Metall hat im Ruhrgebiet viele Erfahrungen gemacht, was die Verlagerung von Produktionslinien und damit Arbeitplätzen ins Ausland angeht. Denken wir an Nokia, jüngst bei Ball in Recklinghausen, in Gelsenkirchen gerade bei Vaillant. Die Unternehmen waren ja vielerorts erfolgreich, weil sie die Kollegen an unterschiedlichen Standorten gegeneinander ausspielen konnten. Wie stellt ihr euch da international auf?

streik fuer sozialtarifvertrag 1 - Streik für Sozialtarifvertrag - Arbeitskämpfe, Betriebliche Kämpfe, Interview, Seppelfricke - Wirtschaft & Soziales

( IGM Gelsenkirchen)

Robert Sadowsky: Wir haben Kontakt aufgenommen mit unseren britischen Kollegen in Doncaster und sind dabei, diesen Kontakt zu intensivieren. Ich hoffe, dass uns das auch gelingt. Man muss ja wissen, dass die britischen Gewerkschaften nicht so gut ausgestattet sind wie wir hier. Wir hoffen, dass wir die Kollegen da unterstützen können, hoffen auch, dass wir eine Delegation britischer Kollegen hier empfangen können. Wir sind zuversichtlich, dass das in den nächsten Tagen oder Wochen umgesetzt werden kann.

Die britischen Kollegen haben sich bereits solidarisch erklärt. So ein internationaler Konzern reagiert darauf ausgesprochen allergisch. Die Geschäftleitung war sehr überrascht, als wir auf einer Belegschaftsversammlung im Betrieb diese Solidaritätserklärung verlesen haben. Sie meinte wohl, dass die britischen Kollegen froh und glücklich wären, wenn sie uns die Arbeit „wegnehmen“ würden. So ist das nicht. Es gibt da eine große Solidaritätsbereitschaft der britischen Kollegen.

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"Streik für Sozialtarifvertrag", UZ vom 17. November 2017



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