Haushaltsplan 2020: Für Rüstung ist immer Geld da

Streichen beim Zivilen

Von Ralf Hohmann

Gleich zu Beginn der ersten Sitzungswoche des Bundestags nach der Sommerpause stehen vom 10. bis 13. September die Beratungen zum Bundeshalt 2020 an. Auf 3 102 Seiten erklärt das Finanzministerium, wie die annähernd 360 Milliarden Euro, die sich zu mehr als 90 Prozent aus Steuermitteln speisen, ausgegeben werden sollen. Viel Zeit zur Diskussion des Zahlenwerks steht nicht zur Verfügung. Jeder der 23 Einzelpläne soll in 90 Minuten abgehandelt werden. Große Überraschungen bietet der Haushalt nicht, er illustriert allerdings anschaulich die Prioritäten der bourgeoisen Finanzpolitik. Man beklagt die „abgeschwächte Weltwirtschaft“, die für die Finanzplanung schwer einschätzbaren Risiken „ungelöster Handelskonflikte“, geopolitische Spannungen und die Eintrübung der Konjunktur durch einen möglichen Brexit. Auch die Steuereinnahmen blieben hinter den Erwartungen des letzten Finanzplans um 6,8 Milliarden Euro zurück; bis zum Jahr 2022 müsse mit weiteren Steuermindereinnahmen von 33,7 Milliarden Euro gerechnet werden.

Übersetzt in die Ausgabenpolitik heißt das: Umverteilung. Steigerung des Wehretats und der Ausgaben für die innere Sicherheit, Einfrieren des Sozialhaushalts und Kürzung bei der Bildung. Die ursprünglich im Laufe des Jahres angedachten Investitionen in den Klimaschutz mit dem Ziel der Finanzierung durch eine CO2-Steuer oder den Handel mit Energiezertifikaten sind vorsorglich ausgeklammert und zurückgestellt. Auch Hubertus Heils Lieblingsprojekt, die „Respekt-Rente“, befindet sich in der Warteschleife.

Der „Einzelplan 14“ für das Militär weist Zuwendungen in Höhe von 44,9 Milliarden Euro aus, gegenüber 2019 eine Steigerung um etwa 4 Prozent (1,7 Milliarden Euro). „Im Verteidigungshaushalt ist es zu größeren Steigerungen gekommen als in allen Jahren zuvor“, verkündet der Finanzminister. So nähert sich die Bundesregierung der NATO-Vorgabe von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärausgaben mit großen Schritten.

Eine der größten Ausgabenpositionen im Militärhaushalt entfällt auf die Beschaffung von neuem Gerät. 6,85 Milliarden Euro fließen allein im Jahr 2020 in solche Rüstungsprojekte wie den Eurofighter, das Großraum-Transportflugzeug A 400 M, den NATO-Hubschrauber 90 oder die Eurodrohne. Schon im Juni dieses Jahres hat der Bundestag der Beschaffung der Drohne „German Heron TP“ zugestimmt. Vorbei die Zeiten, in denen Drohnen zu Zwecken der Beobachtung feindlicher Truppenbewegungen eingesetzt wurden. Die Heron TP ist „waffenfähig“, das heißt, sie trägt Waffen, Munition oder Raketen direkt ins Zielgebiet. Gebaut wird die Drohne im Joint Venture zwischen der ADAS (Airbus Defence & Space Airborne Solutions) und dem israelischen Hersteller IAI (Israeli Aerospace Industries). Seit Ende Januar dieses Jahres werden deutsche Soldaten im israelischen Tel Nof in der Bedienung der Kampfdrohne ausgebildet.

Der neue Bundeshaushalt hält zudem 1,8 Mrd. Euro für „laufende Verpflichtungen“ aus NATO-Auslandseinsätzen bereit (10 Prozent Steigerung gegenüber 2019). Finanziert wird damit unter anderem die „Very High Readyness Joint Task Force“ (VJTF), eine weltweit operierende, in kürzester Frist verlegbare Elitetruppe. Kommandeur Oberstleutnant Torsten Wiegel zeigt die Marschrichtung: „Auf dem Papier funktioniert alles, aber wir müssen das auch im realen Leben testen.“

Die Innendienstler von Verfassungsschutz und BND können gleichermaßen zufrieden sein, ihr Budget wächst insgesamt erklecklich auf zirka 1,5 Milliarden Euro. Wofür das Geld bestimmt ist, obliegt der Geheimhaltung. Auch Bundespolizei (3,93 Milliarden Euro) und Bundeskriminalamt (0,8 Milliarden Euro) kommen nicht zu kurz. Das mittelfristige Ziel von 7 500 neuen Stellen im Bereich der Sicherheitsorgane des Bundes wird in 2020 mit über 3 000 Stellen ebenfalls realisiert werden.

Die Kapitalisten und ihre Presse nähren jedes Jahr anlässlich der Haushaltsdiskussion die Vorstellung, der Sozialstaat beweise sich darin, dass er mehr als die Hälfte  des Bundeshaushalts für „soziale Zwecke“ ausschütte. Der Blick auf die Zahlen belehrt eines Besseren: Beispielsweise entfallen von den 148,5 Milliarden Euro im Etat „Arbeit und Soziales“ 109 Milliarden Euro auf die Leistungen der Rentenversicherung und weitere 36,9 Milliarden Euro auf die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II und III (Arbeitslosengeld / Hartz-IV), also jene für die Betroffenen eher kärglichen Beträge, die die Lohnabhängigen selbst bereits über ihre Abgaben und Steuern jahrelang vorfinanziert haben.

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"Streichen beim Zivilen", UZ vom 6. September 2019



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