Die aktuelle Ausgabe der „Osnabrücker Arbeiterzeitung“ (OAZ), Kleinzeitung der DKP, befasst sich mit den angekündigten Schließungen von Krankenhäusern und Abteilungen durch den Niels-Stensen-Konzern, der nach eigenen Angaben mit mehr als 1.750 Betten und fast 7.000 Beschäftigten der größte Gesundheitsverbund in Stadt und Landkreis Osnabrück sowie dem Emsland ist.
Seit Juni ist bekannt, dass die Niels-Stensen-Kliniken das St.-Raphael-Krankenhaus in Ostercappeln schließen wollen. Auch die ehemalige Paracelsus-Klinik am Natruper Holz in Osnabrück wird dicht gemacht. Dabei hatte der „christliche“ Verbund, der den Namen Niels Stensen trägt, den Standort erst 2019 übernommen. Damit nicht genug: Die Geburtsabteilungen in Melle und im Franziskus-Hospital Harderberg werden ebenfalls geschlossen. Das Krankenhaus in Ankum war bereits im letzten Jahr zu einem „Gesundheitszentrum“ herabgestuft worden.
Diesen Kahlschlag bezeichnet der Klinikkonzern Niels Stensen dreist als „Medizinstrategie 2028“. Von den Beschäftigten hört man etwas ganz anderes. Sie waren nicht informiert, geschweige denn einbezogen in die Pläne des Konzerns. Den hochtrabenden Ankündigungen, dass sich Kräfte konzentrieren ließen und damit auch der Personalmangel entschärft würde, löst bei ihnen nur Kopfschütteln aus. Wer die „Pläne“ der Geschäftsführung liest, der muss erkennen: Es gibt keinen Plan dahinter, nur Kürzungen und Schließungen.
Noch im Mai letzten Jahres fragte die NOZ bei Werner Lullmann nach, ob das St.-Raphael-Krankenhaus in Ostercappeln von weiteren „Umstrukturierungen“ wie in Ankum betroffen sei. Lullmann war bis Juni 2024 Geschäftsführer der Niels-Stensen-Kliniken. Seine Antwort: Es gebe „keinerlei Pläne, unseren Standort in Ostercappeln in ein Regionales Gesundheitszentrum umzuwandeln“ (NOZ vom 10.5.23). Lullmann sah das Krankenhaus St. Raphael sogar durch „die Spezialisierung sehr gut aufgestellt“. Daran stimmt nur, dass es ein Gesundheitszentrum wie in Ankum für Ostercappeln nicht geben wird – das Krankenhaus wird einfach komplett zugemacht. Das zeigt: Entweder hat Lullmann die Öffentlichkeit damals bewusst in die Irre geführt oder der damalige Geschäftsführer ahnte vor einem Jahr selbst noch nichts von der „Strategie“ seines Konzerns.
Auch die Schließung des Standorts Natruper Holz lässt sich wohl kaum als Teil einer „Medizinstrategie“ bezeichnen. Insgesamt krankt das Gesundheitswesen an chronischer Unterfinanzierung, Fehlsteuerung und Profitorientierung. Deshalb setzten die Niels-Stensen-Kliniken lange auf Expansion. Der Kauf der ehemaligen Para-Klinik war teuer und lässt sich nur dadurch erklären, dass in Osnabrück zwei Maximalversorger um lukrative Versorgungsaufträge kämpfen.
Die Gewerkschaft ver.di fordert nun Beschäftigungsgarantien für die Kolleginnen und Kollegen, die von den Schließungen betroffen sind. Diese werden nicht nur eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung in der Region Osnabrück nach sich ziehen, sondern auch einen Personalabbau. Der Hinweis der Geschäftsführung auf die Unterbesetzung in anderen Häusern ist zwar richtig. Da die Beschäftigten jedoch bisher kaum einbezogen wurden und teilweise bis heute nicht wissen, was auf sie zukommt, herrscht Unsicherheit und Frust. Wer in einem Mangelberuf arbeitet, wird sich bereits nach einer neuen Stelle umgeschaut haben.
ver.di fordert eine transparente Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung unter Einbeziehung von Bevölkerung und Beschäftigten. Dazu bedarf es im ersten Schritt einer Analyse der künftigen medizinischen Bedarfe. Die „Medizinstrategie 2028“ der Niels-Stensen-Kliniken berücksichtigt all dies nicht. Der Protest der Beschäftigten und der Bevölkerung – wie am 6. Juli in Ostercappeln – ist gerechtfertigt. Die Schließungen müssen zurückgenommen werden.