Krankenhausinsolvenzen am laufenden Band

Sterbehelfer Lauterbach

Nora Hachenburg

Der aktuell veröffentlichte „Transaktionsmonitor“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC dokumentiert aus Sicht von Wirtschaftsprüfern, was Krankenhausbeschäftigte und Patienten am eigenen Leib erfahren: Insolvenzen und Eigentümerwechsel von Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen werden erfasst und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgewertet. Die nach Kennzahlen und eigenen Angaben größte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf diesem Markt in Deutschland erwirtschaftet mit rund 14.000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von fast 3 Milliarden Euro. Im Kundenstamm befinden sich so prominente Kunden wie der Klinikkonzern Helios.

Insofern wirkt die sachliche Darstellung der Probleme und Herausforderungen, vor denen das deutsche Gesundheitssystem steht, phasenweise etwas aufgesetzt. Die Vielzahl von Reformen dient ja auch dazu, das Geschäftsmodell und die Gewinne zu stabilisieren. Das mag die Wirtschaftsprüfer interessieren, geht aber am Bedürfnis der Beschäftigten und Patienten vorbei. Flankiert durch repräsentative Befragungen in der Bevölkerung wie dem Healthcare-Barometer stellt PwC fest, was im Gesundheitssystem auch ohne Erhebung jeder weiß, der eigene Erfahrungen mitbringt: „Das Vertrauen der Deutschen in ihr Gesundheitssystem schwindet“. Das ist das Fazit des Barometers 2024. Die Befragten würden kritisieren, dass Ärzte sich zu wenig Zeit nehmen und die Wartezeiten auf einen Facharzttermin zu lang sind. In der Folge ist dann sogar eine Sorge in die Auswertung gerutscht, bei der der Firmenführung unwohl zu werden scheint: „Nehmen Politik und Gesundheitswirtschaft diese Unzufriedenheit nicht ernst, riskieren sie, dass die Bürger ihre Rechte lautstark einfordern, so wie heute bereits in der Klima­politik.“

Im „Transaktionsmonitor“ finden sich genug Gründe, die zeigen, wie überfällig es ist, dass diese Unzufriedenheit in Widerstand mündet. Bei den aufgelisteten Krankenhäusern, die kaputtgespart worden sind, ist als jüngstes Beispiel für eine Insolvenz die kommunale Klinikgruppe Regiomed aufgeführt. Diese betreibt an einem Dutzend Standorten in Bayern und Thüringen Krankenhäuser, Seniorenzentren und Rettungsdienst mit insgesamt 5.000 Beschäftigten. Die Verluste werden für 2023 auf zirka 25 Millionen Euro geschätzt. Der richtige Impuls, die Kliniken der GmbH zurück an die beteiligten Kommunen und Landkreise zu übertragen war gescheitert, weil Stadt und Landkreis Coburg dem nicht zustimmten. Aus Sicht von Kommunalpolitikern fast schon nachvollziehbar, solange die Bundesregierung bei ihrer Sparpolitik auf Kosten der Kommunen und Lauterbach bei seiner Politik der gewollten Krankenhausinsolvenzen bleiben.

Aktuell wird nun für die Krankenhäuser ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchgeführt. Dabei geht der Geschäftsbetrieb weiter, aber den bisherigen Geschäftsführern ist ein Insolvenzverwalter an die Seite gestellt worden. Bei der Suche nach Investoren haben mittlerweile alle beteiligten Kommunen Angebote abgegeben. Es gebe aber auch weitere Interessenten, verlautbart der zuständige Sachverwalter. Inwieweit dies private Konzerne sind, wird aktuell noch geheim gehalten. PwC stellt hier grundsätzlich fest, dass die privaten Konzerne zögerlicher geworden sind, was den Aufkauf solcher kleineren Krankenhäuser angeht. Zu unsicher ist die Perspektive und der Profit.

Was eine solche Situation mit den Beschäftigten macht, kann man sich gut vorstellen. Die politisch Verantwortlichen aller Parteien der Region bekennen sich zu den Standorten und den geschätzten Beschäftigten. Wie wenig das wert sein kann, haben die Beschäftigten der knapp 40 Krankenhausinsolvenzen in 2023 an anderen Standorten in Deutschland bitterlich erfahren müssen. Und leider auch, wie wenig es noch gelingt, die gemeinsamen Interessen der Bevölkerung und der Beschäftigten in einen gemeinsamen Kampf um gute Gesundheitsversorgung wirksam werden zu lassen.

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"Sterbehelfer Lauterbach", UZ vom 12. April 2024



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