Während das bundesweite Bädersterben ungebremst weitergeht, wurde in Bottrop die Zukunft des Stenkhoffbades langfristig gesichert. Der Betriebsausschuss des Sport- und Bäderbetriebes hat den Neubau eines modernen Multifunktionsgebäudes für 4 Millionen Euro auf dem Gelände beschlossen. Die Erfolgsgeschichte in Bottrop begann vor zehn Jahren mit einem Bürgerentscheid, der die Schließung des Bades verhinderte. Wir sprachen darüber mit Michael Gerber. Michael war damals Vorsitzender der DKP-Fraktion im Rat der Stadt Bottrop, heute ist er Vorsitzender des Fördervereins Stenkhoffbad.
UZ: Warum hatte sich 2012 im Bottroper Rat eine ganz große Koalition von SPD, CDU, ÖDP und FDP für die Schließung des Stenkhoffbades ausgesprochen?
Michael Gerber: Das geschah damals im Rahmen des Spardiktats „Stärkungspakt Stadtfinanzen“. Die Stadt Bottrop war, wie alle Ruhrgebietsstädte, hoch verschuldet. Der Rat der Stadt musste auf Druck von Landesregierung und Bezirksregierung dieses Spardiktat auflegen. Die geplante Schließung des Stenkhoffbades war eine von über 300 Maßnahmen, die damals im Rat der Stadt beschlossen wurden.
UZ: Wie hat die DKP reagiert, als diese Schließungspläne bekannt wurden?
Michael Gerber: Zunächst hat die DKP eine breite Öffentlichkeitsarbeit begonnen, um die Bürgerinnen und Bürger über verschiedene Sparmaßnahmen zu informieren, aber insbesondere auch über die bevorstehende Schließung des Stenkhoffbades. Mit dem Widerstand gegen die Schließung des Freibades wollten wir ein Zeichen setzen, dass die Bürger sich erfolgreich gegen Maßnahmen des Spardiktats wehren können. Auf meine Initiative hin hat sich eine Bürgerinitiative gegründet zur Rettung des Stenkhoffbades und hat innerhalb weniger Wochen 15.000 Unterschriften gegen die Schließung des Bades gesammelt. Es gab eine breite Empörung in der Bottroper Bevölkerung.
UZ: Das war ja zunächst einmal eine unverbindliche Unterschriftensammlung. Wie wurde dann der Widerstand weiter organisiert?
Michael Gerber: Diese 15.000 Unterschriften wurden dem Rat der Stadt vorgelegt und der Rat hat dieses breite Bürgervotum völlig ignoriert. Daraufhin beschloss die Bürgerinitiative, ein Bürgerbegehren zu organisieren. Es gab drei Sprecherinnen und Sprecher. Einer dieser Sprecher war ich. Wir haben dann im Jahr 2013 eine breite Kampagne durchgeführt, um dieses Bürgerbegehren zum Erfolg zu führen.
UZ: Und wie sah dieser Erfolg aus?
Michael Gerber: Die Abstimmung war ein großer Erfolg für die Erhaltung des Freibades. 74 Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben sich für die Erhaltung des Freibades ausgesprochen. Damit war zunächst erst mal der Ratsbeschluss über die Schließung des Bades hinfällig geworden. Dies war ein riesiger Erfolg.
UZ: Wie hat die Ratsmehrheit auf den Erfolg des Bürgerbegehrens reagiert?
Michael Gerber: Bei CDU, FDP und auch der ÖDP gab es zunächst die Position, dass man nach zwei Jahren – dann läuft die Bindungswirkung des Bürgerentscheides aus – erneut über eine Schließung des Freibades diskutieren muss. Mit anderen Worten: Es war die Aufgabe, den Erfolg des Bürgerbegehrens langfristig zu sichern. Dazu hat die Bürgerinitiative den Förderverein Stenkhoffbad gegründet, um öffentlich weiterhin Druck zu entwickeln für die Erhaltung des Bades und die langfristige Sicherung des einzigen Freibades in Bottrop. In anderen Nachbarstädten wurden städtische Freibäder geschlossen, um teure private Spaßbäder zu genehmigen.
UZ: Jetzt ist es ja so, dass der Förderverein weiter aktiv ist, aber natürlich darum ringt, nicht in die Finanzierungsbresche zu springen. Der Förderverein hat sich immer wieder dafür ausgesprochen, dass die Stadt die Mittel für den Erhalt und Ausbau des Bades aufbringt. Ist die Frage der Finanzierung an den Förderverein herangetragen worrden?
Michael Gerber: Es gab durchaus Vorstellungen, insbesondere bei der CDU, aber auch bei anderen Parteien, dass man das Stenkhoffbad dem Förderverein überträgt und der Förderverein die alleinige finanzielle Verantwortung für die Fortexistenz des Bades hat. Das haben wir von vornherein ausgeschlossen. Die Position des Fördervereins war von Anfang an, dass das Freibad eine städtische Aufgabe ist und auch bleiben muss.
Ein preiswertes Familienbad zu betreiben ist eine soziale Verpflichtung für die Stadt, im Sommer entsprechende Freizeit- und Bademöglichkeiten zu schaffen. Der Förderverein hat seine Aufgabe vielmehr darin gesehen, zusätzliche Attraktivität in das Freibad zu holen. So veranstaltet der Förderverein jährlich im Sommer ein Familienfest. Wir bieten kostenlose Wassergymnastik an. Zwei Mal die Woche gibt es ein Feierabendschwimmen für Mitglieder und Freunde des Fördervereins nach Schließung des Bades von 19 bis 21 Uhr. Das ist besonders für Berufstätige sehr attraktiv.
Seit drei Jahren ermöglichen wir der AWO, nach Schließung des Bades abends Schwimmkurse für Kinder durchzuführen. Eine weitere Aktivität war, dass wir in Zusammenarbeit mit dem inzwischen verstorbenen Kabarettisten Ludger Stratmann mehrere Jahre lang im Sommer „Comedy im Bad“ angeboten haben mit namhaften Kabarettisten. Zur Erhöhung der Attraktivität des Bades haben wir aus Spendengeldern verschiedene Spiele für die Kinder im Wasser angeschafft wie Wasserrollen und Bumper-Bubble-Bälle – das sind aufblasbare Bälle, in die man einsteigt und dann übers Wasser laufen kann.
Im nächsten Jahr begeht das Stenkhoffbad seinen 100. Geburtstag und mit dem Bau des neuen Funktionsgebäudes, das barrierefrei sein wird, sehen wir die Zukunft des Bades langfristig gesichert. Das ist ein riesiger Erfolg für die DKP, die sich stets für den Erhalt des Bades eingesetzt hat, aber auch für den Förderverein.
UZ: Wie wertest du die Arbeit des Fördervereins in den letzten zehn Jahren? Hat sich das für die Bottroper Bürger gelohnt? Wird das Bad angenommen? Wie sieht eure Bilanz aus?
Michael Gerber: Die Bilanz ist äußerst positiv, weil der Zuspruch für das Stenkhoffbad weiterhin in der Bevölkerung sehr groß ist. Es zeigt, dass sich konkretes Engagement im Stadtrat, aber vor allen Dingen außerhalb des Parlamentes lohnt. Man darf den bürgerlichen Parteien nicht auf den Leim gehen, dass alles privatisiert werden muss, damit es erhalten bleibt. Ganz im Gegenteil. Es muss Pflichtaufgabe von Städten sein, kommunale Freibäder zu erhalten und dafür auch die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen. Fördervereine können das begleiten, aber nicht die Pflichtaufgabe der Städte ersetzen.
Der Kommunalpolitische Ratschlag als Treffpunkt für kommunalpolitisch interessierte Mitglieder der DKP wird weitergeführt, allerdings als Angebot der Kommunalpolitischen Kommission. Er soll wie bisher einen Informations- und Meinungsaustausch über aktuelle Aktivitäten vor Ort bieten, auch die Möglichkeit für bisher unerfahrene Genossinnen und Genossen, unverbindlich in kommunalpolitische Themen hineinzuschnuppern.
Die Treffen finden zukünftig alle zwei Monate online statt.
Der nächste Termin ist am Mittwoch, dem 29. November, um 19 Uhr.
Die Zugangsdaten können bei werner.sarbok@unsere-zeit.de angefragt werden.