Auf dem Weg nach Paris müssen noch viele Fragen geklärt werden

Steiniger Weg zum Weltklimavertrag

Von Bernd Müller

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) gibt sich nach dem Klimatreffen in New York optimistisch. Im Dezember werde in Paris ein Weltklimavertrag abgeschlossen, sagt sie nach dem Treffen von 40 Staats- und Regierungschefs in einem Interview mit dem Handelsblatt, und diese Einigung werde es ermöglichen, „den globalen Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf einen Wert von unter zwei Grad Celsius zu begrenzen“.

Genauso sicher, wie das Zustandekommen des Vertrages sei, sei aber auch, dass die Selbstverpflichtungen der Staaten anfangs nicht ausreichen werden, um das Zwei-Grad-Ziel tatsächlich einzuhalten. Damit der Vertrag überhaupt abgeschlossen werden kann, hat die Staatengemeinschaft darauf verzichtet, den Ländern ein völkerrechtlich verbindliches Reduktionsziel vorzugeben. Hendricks meint dazu, wir müssten „uns aber damit abfinden, dass dies in manchen Ländern auf unüberwindliche Hindernisse stößt“. Gemeint sind damit unter anderem die USA, wo die konservativen Mehrheiten im Senat und Kongress einen verbindlichen Weltklimavertrag niemals ratifizieren würden.

Ein weltweiter Vertrag, der den größten Pro-Kopf-Verschmutzer nicht einbezieht, wäre nie zustimmungsfähig gewesen. So hatte sich die Staatengemeinschaft geeinigt, dass es statt des vorgegebenen verbindlichen Ziels für jeden Staat ein freiwilliges für jedes Land gebe soll. Die Regierungen hatten zugesagt, dass sie bis Ende März 2015 dem UN-Klimasekretariat in Bonn mitteilen, was sie freiwillig zu tun bereit sind. Dann hätte berechnet werden sollen, ob die Anstrengungen aller ausreichen, um die Erderwärmung um zwei Grad zu beschränken. Allerdings haben von 190 Ländern bisher nur wenige ihre freiwilligen Verpflichtungen vorgelegt.

Womit die verbindlichen Verpflichtungen ersetzt werden sollen, soll nun der moralische Druck sein. Auch wenn selbst die freiwillige Zusage eines Landes am Ende nicht in einem völkerrechtlich verbindlichen Vertrag steht, werde sie „aber gleichsam vor der Weltgemeinschaft abgegeben“. Wer sie nicht einhält, werde in Erklärungsnot geraten, ist sich Hendricks sicher. Ob das funktionieren wird wie geplant, ist mehr als fraglich: Als sich beispielsweise die USA weigerten, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren, war der moralische Aufschrei nur gering und obendrein war er schnell verflogen.

Damit aber die einzelnen Staaten fortwährend angeregt werden, sich höhere Ziele zu stecken, soll ein bestimmter Mechanismus in den Vertrag eingebaut werden. Dieser solle nach den Vorstellungen von Hendricks die Länder dazu verpflichten, „ihren Ehrgeiz zu steigern und in ihren Zielen noch anspruchsvoller zu werden“. Alle fünf Jahre sollen die Ziele der einzelnen Länder überprüft werden, wenn es nach ihr ginge, und geschaut werden, was man „noch besser und anders machen kann“. So solle sichergestellt werden, „dass keiner hinter seine Zusagen zurückfällt“, stattdessen solle jedes Land darüber hinausgehen und seine Ambitionen steigern.

Schwierig wird es allerdings, die Entwicklungsländer für das Abkommen zu begeistern. Deren Zustimmung ist keineswegs gewiss. „Sehr wichtig für den Erfolg der Konferenz wird sein, dass wir als Industriestaaten unsere Zusagen für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern einhalten“, sagte Hendricks, und danach sieht es gerade nicht aus. Ab 2020 sollten eigentlich jährlich 100 Milliarden Dollar aus öffentlichen und privaten Mitteln für Projekte in Entwicklungsländer fließen. Doch bisher haben die reichen Länder nur 10 Milliarden Dollar auftreiben können. Hendricks beschwichtigt allerdings: Green Climate Fund sei „ein wichtiger Beitrag“ aber neben ihm gebe es noch viele Finanzierungswege, „etwa die Finanzbeiträge der unmittelbaren bilateralen Zusammenarbeit im Klimaschutz“.

Trotz aller offenen Fragen, gibt sich die Entwicklungsorganisation Germanwatch zufrieden. Deren Politischer Geschäftsführer, Christoph Bals, erklärt, die Regierungschefs begännen „Verantwortung für ein erfolgreiches Abkommen in Paris zu übernehmen“. Sie hätten erkannt, „dass das Abkommen zu einem Wendepunkt werden muss hin zum Ausstieg aus den Emissionen von Kohle, Öl und Gas bis Mitte des Jahrhunderts“. Auf das Zwei-Grad-Ziel hätten sich die Staats- und Regierungschefs festgelegt, aber die Option „eines globalen Temperaturanstiegs von weniger als 1,5 Grad“ wollen sie sich laut Germanwatch offen lassen. Das ist aber ein vollkommen utopisches Ziel, setzt es doch voraus, dass bis Mitte des Jahrhunderts aus Kohle, Öl und Gas ausgestiegen werden müsste.

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"Steiniger Weg zum Weltklimavertrag", UZ vom 9. Oktober 2015



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