Station in Peking

Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang sagte den Gesprächstermin kurzfristig ab. Vermutlich hatte er wenig Lust, sich die Belehrungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) anzuhören. Dieser hatte auf seiner Asienreise am vergangenen Wochenende Station in Peking gemacht. Auf „X“ erläutert Habeck seine Mission: Er habe dem Chinesen erklärt, wie man es mit der Klimapolitik macht, da habe man ja Erfahrung. Natürlich hielt er auch einen Vortrag über Menschenrechte und wie wichtig die für Europäer sind. Die chinesische Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg belaste die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Und dann ging es um die chinesischen E-Autos. Die dürften nicht so günstig sein, dass sie europäischen Konzernen Konkurrenz machten. Deshalb seien die verhängten Zölle der EU auch keine Strafzölle, sondern nur die Sicherstellung des freien Marktes.

Ob Habeck, der auch für Klimaschutz zuständig ist, weiß, dass er für sieben der zehn klimaschädlichsten Kohlekraftwerke in Europa zuständig ist? Ob er weiß, dass der Internationale Gerichtshof nach wie vor gegen Deutschland wegen der Unterstützung des israelischen Völkermords in Gaza ermittelt? Ob er weiß, dass Deutschland zu den größten Waffenlieferanten der Ukraine gehört? Ob er weiß, dass deutsche Konzerne mit dem Export von Hähnchenresten und gebrauchter Kleidung die Märkte in den ärmsten Ländern Afrikas überschwemmen?

„Die wohlfeilen Preise ihrer Waren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle chinesischen Mauern in den Grund schießt“, schrieben Marx und Engels im Kommunistischen Manifest über den Export der kapitalistischen Überkapazitäten in die abhängigen Länder. Was Habeck und seinesgleichen noch nicht verstanden haben: Auf Basis ökonomischer Vorherrschaft kann man sich leisten, in Kolonialherrenmanier aufzutreten. Das ist zwar unmenschlich, aber kapitalistische Normalität. Wenn sich der wirtschaftliche Wind gedreht hat, kann man sich vielleicht noch in der „Tagesschau“ wichtig machen, im Rest der Welt macht man sich damit lächerlich.

Und es ist sogar gefährlich. Habeck scheint zu glauben, dass die Volksrepublik im Konflikt um die Zölle auf chinesische E-Autos einlenken würde. China will die Eskalation nicht, ist aber so aufgestellt, dass seine Gegenmaßnahmen die EU härter treffen werden. Der chinesische Handelsministers Wang Wentao gab Habeck deshalb die wenig diplomatische Warnung mit auf den Heimweg: „Wenn die EU aufrichtig ist, hofft China, die Verhandlungen so schnell wie möglich aufzunehmen; wenn die EU auf ihrem eigenen Weg besteht, wird China alle notwendigen Maßnahmen zur Verteidigung der eigenen Interessen ergreifen.“

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Station in Peking", UZ vom 28. Juni 2024



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