Einige Jahre sah es so aus, als könnten die Menschen im kurdischen Teil der Türkei auf Frieden hoffen. Diese Hoffnung wurde von Präsident Tayyip Recep Erdogan jedoch zunichte gemacht. Binnen weniger Tage bombte er die Region zurück in die frühen 1990er Jahre, als Krieg und Repression ihren Höhepunkt hatten. Der Konflikt beschäftigt hierzulande Politik und Medien, und führte dazu, dass die im kurdischen Kahramanmaras stationierten Einheiten der Bundeswehr mitsamt der Patriot-Raketen wieder abgezogen werden sollen. Die türkische Regierung verfolgt ihre eigenen Machtinteressen in der Region: Während die Regierungen der USA und Deutschlands gegen den Islamischen Staat vorgehen wollen, bombardiert die türkische Armee kurdische Kämpfer und Zivilisten.
Dabei hatte die deutsche Regierung jahrzehntelang ihren Beitrag dazu geleistet, dass die Türkei ihren Krieg gegen die kurdische Bewegung führen konnte. Die türkische Armee ist die zweitstärkste NATO-Armee nach der US-Army. Als NATO-Mitglied erhält die Türkei ökonomische, militärische und politische Unterstützung aus allen anderen NATO-Staaten, auch der BRD. Vermutlich ist die Bundesrepublik in keinen militärischen Konflikt auf der Welt so stark eingebunden wie in den Krieg der Türkei in Kurdistan. Über Jahrzehnte hinweg war die BRD nach den USA wichtigste Waffenlieferantin für die türkische Armee. Geliefert wurden Maschinengewehre, Panzerfäuste, Munition, Flugabwehrraketen, Panzer und Kriegsschiffe im Wert von mehreren Mrd. Euro.
So wurde z. B. Ende der 1980er Jahre eine Fregatte für die Türkei bei der Hamburger Werft Blohm & Voss gebaut. Zum Stapellauf des Kriegsschiffes waren türkische Generäle eingeladen, wurde die türkische Flagge gehisst. Türkische Kollegen nutzten laut Beobachtungen von ehemaligen Auszubildenden die Gelegenheit, um dem türkischen Konsul die Hand zu küssen.
die Türkei in ihrem Krieg gegen die Kurden.“
Nach 1990 erhielten die Türkei und Griechenland zu gleichen Teilen ausrangierte Rüstungsgüter der Nationalen Volksarmee, der Armee der ehemaligen DDR. Als Thyssen in den 1990er Jahren Absatzschwierigkeiten hatte, wurde die Bundeswehr mit neuen Panzern bestückt. Die ausrangierten Leopard-I-Panzer wurden an die Türkei verschenkt. Natürlich nicht, ohne vorher z. B. bei Blohm & Voss generalüberholt worden zu sein. Immer wieder gingen Bilder von deutschen Panzern im Einsatz gegen die kurdische Bevölkerung um die Welt. Deutsche Schäferhunde wurden in der Nähe von Hannover auf türkische Kommandos trainiert. In der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg-Blankenese wurden türkische Militärs ausgebildet.
Seit dem Verbot kurdischer Organisationen und Vereine im November 1993 wurden und werden Tausende Menschen kurdischer Herkunft kriminalisiert. Razzien, Vereinsverbote und Durchsuchungen, Verhaftungen und polizeiliche Aufforderungen zur Denunziation gehören zum Alltag. Manchmal reicht es, einen Grillwagen von A nach B bewegt zu haben, um ins Visier der Staatsanwaltschaft zu gelangen. Weitere „Vergehen“ sind: Parolen rufen, Fahnen schwenken, Zeitungen verkaufen oder Spenden sammeln.
Als quasi erste Amtshandlung der damals neu gewählten rot-grünen Bundesregierung wurde Ende 1998 die Fregatte Sailhreis an die türkische Marine übergeben. Angeblich war die Auslieferung unumgänglich, da die von der vorherigen Regierung geschlossenen Verträge erfüllt werden mussten.
Als Abdullah Öcalan auf seiner Flucht 1998 Asyl in Italien beantragte, reaktivierte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder den internationalen Haftbefehl von 1990 und forderte die Auslieferung – statt die Chance zu nutzen, und aktiv in den Friedensprozess einzugreifen.
Und auch die letzten Entscheidungen der Bundesregierung zeigen, dass sie keinen Beitrag zum Frieden in der Türkei leisten wird. Das PKK-Verbot bleibt in Kraft, die Waffenexporte gehen weiter.