Coordination gegen Bayer-Gefahren kritisiert Medizinforschungsgesetz

Standort-Politik für Pharma-Profite

Coordination gegen Bayer-Gefahren

Das am morgigen Dienstag im Bundestag zur Abstimmung stehende Medizinforschungsgesetz fördert die Profite der Pillen-Riesen zu Lasten der Patienten-Sicherheit und Krankenkassen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach gibt sogar zu, bei dem Vorhaben in engem Austausch mit Bayers Pharma-Vorstand Stefan Oelrich gestanden zu haben, um den Arznei-Standort Deutschland zu stärken. „Mit Bayer hat er deshalb eine Gesetzesinitiative abgesprochen“, resümierte der „Kölner Stadtanzeiger“. „Und so sieht das Paragrafen-Werk auch aus. Karl Lauterbach scheint einfach die Wunschliste von Big Pharma abgearbeitet zu haben“, hält Marius Stelzmann von der Coordination gegen Bayer-Gefahren fest.

Das Paragrafen-Werk sieht unter anderem vor, den Unternehmen die Durchführung klinischer Studien zu erleichtern. Die Genehmigungsdauer für Medikamenten-Tests will die Ampelkoalition auf fünf Tage verkürzen und neben Uni-Kliniken auch einfachen Krankenhäusern erlauben, klinische Prüfungen für die Pharma-Industrie durchzuführen, was nicht gerade der Sicherheit der Probanden dient.

Darüber hinaus beabsichtigen die Parteien, den Unternehmen künftig zu erlauben, die Preise, die sie mit Krankenkassen für ihre Medikamente aushandeln, unter Verschluss zu halten. Ein teures Geschenk: Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen sieht zusätzliche Belastungen in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro auf die Kostenträger zukommen.

Dementsprechend scharf fällt die Kritik an dem Vorhaben aus. „Das würde zu noch mehr Intransparenz bei der Preis-Bildung und zur Anhebung des ohnehin hohen Preis-Niveaus führen und die Arzneimittel-Preise in Deutschland weiter hochschaukeln“, warnt der stellvertretende AOK-Vorsitzende Jens Martin Hoyer. Seiner Ansicht nach „ist die Wirtschaftsförderung für den Pharma-Standort Deutschland keine Aufgabe der Beitrag zahlenden Versicherten“.

Der Chef von Bayer Vital, Daniel Steiners, versteht hingegen „den Grad der Empörung nicht so richtig“. Er nennt die Vertraulichkeit „eine Option für mehr Flexibilität in der Preis-Verhandlung“ und zeigt sich auch sonst zufrieden mit dem Medizinforschungsgesetz. „Wir sehen darin das klare Bekenntnis zum medizinisch-pharmazeutischen Forschungsstandort – und damit auch zu Arzneimittel-Innovationen ‚Made in Germany‘“, so Steinert.

„Bayer & Co. sprechen immerfort von Innovationen, schaffen es aber seit Jahren nicht, die Grundversorgung der Bevölkerung abzusichern. Immer wieder fehlen den Apotheken gängige Präparate wie etwa Antibiotika – trotz aller gesetzlichen Bemühungen. Hierfür endlich Lösungen zu finden, wäre eine dringliche Aufgabe der Politik. Aber Karl Lauterbach bedenkt die Branche lieber mit ‚Feel good‘-Gesetzen“, konstatiert Stelzmann.

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