Am kommenden Montag beginnt die Aktionswoche „Stahl ist Zukunft“. Die IG Metall hat diese Initiative begonnen. Sie soll darauf hinweisen, dass die Stahlproduktion in Deutschland an einigen Standorten gefährdet ist. Der Grund ist derselbe wie bei allen Stahlkrisen zuvor. Die Preise gehen bei sinkender Nachfrage in den Keller. Selbst wenn man die Klagen der Stahlunternehmen nicht zum Nennwert nimmt, so ist doch sicher, dass aus ehedem sprudelnden Gewinnen aus der Produktion und Erstverarbeitung von Stahl nun Verluste geworden sind.
Die Kampagne der IG Metall bleibt nicht im Ungefähren sondern nennt zwei konkrete Ziele: 1. die Stahlhersteller sollen von einer geplanten EU-weiten Verschärfung des Umweltschutzes befreit werden. 2. Die EU-Kommission wird aufgefordert, gegen die Einfuhr von Stahl aus China Anti-Dumping-Zölle oder ähnliche protektionistische Maßnahmen zu ergreifen. Politiker legen sich bekanntlich ungern fest. Die Tatsache aber, dass NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Bundeswirtschaftsminister (und SPD-Vorsitzender) Sigmar Gabriel ihre Mitwirkung an der Aktionswoche zugesagt haben, deutet darauf hin, dass sie mit dem Ansinnen der IG Metall sympathisieren. Einig weiß sich die IG Metall ohnehin mit den Unternehmenslenkern in der Stahlindustrie. Auch die Wissenschaft in Gestalt des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung und Rudolf Hickel, prominentes Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, treten mit Gutachten vehement für die Anliegen der deutschen Stahlindustrie ein. Die Wissenschaftler geben sich große Mühe nachzuweisen, dass die deutschen Stahlwerke die saubersten der Welt seien, weshalb auch den chinesischen Stahlbilligimporten Einhalt geboten werden müsse. Hickel fordert: „Deshalb muss Deutschland auch die Führungsrolle bei der Durchsetzung fairen Handels übernehmen.“
Dazu sind dieses Land, das nach China mit Abstand den größten Handelsbilanzüberschuss aufweist, und sein Wirtschaftsminister, der gegen allen Widerstand mittels TTIP den stärksten internationalen Konzernen den Weg frei kämpft, wahrlich berufen. Mit solchen Bundesgenossen werden die Kollegen der IG Metall die Stahlstandorte in Deutschland nicht retten. Richtig ist vielmehr, dass, wie Fred Herger aus dem Saarland feststellt (UZ, 4.3.16), die „gewerkschaftliche Begleitmusik“ für die Stahlbosse wichtig ist, „um glaubwürdig zu wirken.“ Thyssen-Krupp, Arcelor-Mittal und Tata planen mit- und gegeneinander die nächste Umgruppierungsrunde in der europäischen Stahlbranche.
An zwei Grundsätze sollte man sich dabei erinnern. Der Freihandel ist kein Gut an sich sondern begünstigt im Regelfall die ohnehin Starken auf Kosten der Schwächeren. Wenn, zweitens, die Stahlunternehmer mal wieder die Hilfe des Staates suchen, sollten wir versuchen sicherzustellen, dass Eigentum und Kontrolle an den Betrieben öffentlich werden. Ganz falsch war es nicht, was vor fast zwanzig Jahren zur Salzgitter AG führte.