Die FAZ hatte recht, als sie zu den Ergebnissen des sogenannten „Stahlgipfels“ von einem Dutzend Vertretern der Stahlunternehmen mit ihren Betriebsratsvorsitzenden – meist Sozialdemokraten – im Bundeskanzleramt ätzte: „Gemessen an der Zahl der Industriegipfel, die in jüngster Vergangenheit in Berlin stattfanden, müsste es der deutschen Wirtschaft bald wieder blendend gehen.“
Herausgekommen ist nichts, was den Lohnabhängigen dieser Schlüsselbranche der deutschen Industrie eine berufliche Perspektive geben könnte – wenn man mal die Ankündigung von Olaf Scholz beiseite lässt, er werde seinen Parteifreund Hubertus Heil „bitten“, die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld von 12 auf 24 Monate auszuweiten. Das ist Pflaster statt Heilung. Die ist von den anderen Maßnahmen auch nicht zu erwarten. Für die versprochene „Deckelung der Strompreise“ fehlt der Regierung, die Milliarden für den Endkampf des Regimes in Kiew hinauswirft, ebenso das Geld wie für die Ankündigung von Investitionsprämien für die Modernisierung von Werken. Der Vorschlag, „auf günstigeres Erdgas zu setzen, bis ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht“, klingt wie aus einem Kabarett angesichts der Tatsache, dass die Regierung Scholz/Habeck diesem Land selbst den Bezug von günstigem Erdgas aus Russland verboten hat.
Bleibt schließlich als fünfte Maßnahme die Forderung nach EU-Zöllen auf den Stahl, der in anderen Ländern inzwischen zu weit günstigeren Preisen auf dem Weltmarkt angeboten wird. Das markanteste Ergebnis des „Kanzlergipfels Stahl“ ist mithin die Ankündigung eines weiteren Gipfels – diesmal in Brüssel. Der wird auch nichts bringen, weil der Kern der Stahlkrise im Konfrontationskurs gegen Russland und China liegt. Er verteuert die Energie, die sonst kostengünstig aus Sibirien käme und schneidet Deutschland von dem technologischen Knowhow ab, das sich bei der naturverträglichen Herstellung von Stahl in China herausbildet. Wer diese Probleme nicht angeht, wird noch so viele Stahlhügelchen veranstalten können, er wird nicht die Stahlindustrie, sondern ihre Krise stärken. Ungewollt korrekt war der Satz der „Tagesschau“-Sprecherin am Tag des Berliner Gipfels: „Bundeskanzler Scholz will die Krise in der Stahlindustrie auf EU-Ebene stärken …“