KPÖ Graz gewinnt die Kommunalwahl

Stärkste der Parteien

Die Kommunisten in der zweitgrößten Stadt Österreichs sind jetzt die stärkste der Parteien. Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) erreichte bei der Kommunalwahl in Graz mit ihrer Spitzenkandidatin Elke Kahr nach dem vorläufigen Ergebnis 29,11 Prozent, ein Plus von 8,77 Prozentpunkten. Die bisherige stärkste Partei in Graz, die Österreichische Volkspartei (ÖVP), verlor 12,13 Prozentpunkte und sank auf 25,66 Prozent. Der langjährige Grazer Oberbürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) trat daraufhin von seinem Amt zurück. UZ sprach mit KPÖ-Stadtrat Robert Krotzer am Montag nach der Wahl.

UZ: Die KPÖ ist als stärkste aller Parteien aus der Wahl gegangen. Was wird sich jetzt für die Grazer Bevölkerung verändern?

300702 krotzer - Stärkste der Parteien - Kommunalpolitik, Kommunalwahl, Kommunistische Parteien, Österreich - Internationales
(Foto: © Antonia Renner)

Robert Krotzer: Unsere klare Ansage vor der Wahl war „Soziales darf nicht untergehen“. Und das gilt natürlich für uns auch nach der Wahl. Es gibt von uns ein 15-Punkte-Programm, das wir vor der Wahl vorgelegt haben. Dort haben wir gesagt, egal wie die Wahl ausgeht, das sind die Punkte, über die wir mit den anderen Parteien sprechen werden. Und das werden wir jetzt natürlich tun.

Das Papier beinhaltet den Bau von neuen Gemeindewohnungen, um leistbares Wohnen zu schaffen. Wir fordern einen Stopp bei den Müll- und Kanalgebühren. Die jährliche Teuerungsautomatik muss ausgesetzt werden. Das 15-Punkte-Programm macht auch Vorschläge, wie man die in Graz sehr üppige Parteienförderung senken kann, wie auch die städtischen Werbeausgaben. Also wie man das Geld von der Eigenwerbung umleiten kann hin zu den Menschen, die es brauchen.

Diese 15 Punkte stehen in den nächsten Tagen und Wochen zur Verhandlung mit den anderen Parteien.

UZ: Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt. Verändert sich nichts mehr großartig, dann könnte Elke Kahr erste kommunistische Oberbürgermeisterin von Graz und auch die erste seit 1990 im deutschsprachigen Raum werden.

Robert Krotzer: Aktuell werden noch rund 25.000 Briefwahlstimmen ausgezählt. Das ist bei 223.000 Wahlberechtigten doch eine Menge. Erst dann wird sich entscheiden, wie die Mandatsverteilung im Gemeinderat als auch im Stadtsenat genau ausschaut. Wir werden heute Abend als KPÖ zum ersten Mal zusammenkommen und uns den Fragen zuwenden, die sich jetzt stellen. Aber jetzt schon wird Elkes Büro mit Anfragen und Kamerateams bis hin zur „Washington Post“ überrannt.

UZ: Elke und du sind in der Stadtregierung für Verkehr und Soziales zuständig. Mit mehr Stimmen habt ihr ein Anrecht auf mehr Verantwortung in der Stadt.

Robert Krotzer: Wir haben schon vor der Wahl gesagt, dass das Wohnungsressort bei uns gut aufgehoben wäre. Aber ehrlich gesagt, für dieses Ergebnis haben wir noch keinen fertigen Plan in der Schublade.

UZ: Eure Mandatsträger geben einen Großteil ihrer Tantiemen ab und ihr finanziert damit diverse Hilfsangebote. Mehr Mandate bedeutet mehr Geld.

Robert Krotzer: Das stimmt. Das schafft jetzt natürlich auch Möglichkeiten, mit denen wir noch mehr Menschen unterstützen können. Und man muss sagen, das wird auch dringend gebraucht. Wir haben so viele Anfragen und Anrufe wie nie zuvor. Menschen wenden sich an uns, weil die Nöte immer größer werden. Das alles zu bewältigen ist jetzt schon eine riesige Aufgabe.

UZ: Es ist vielleicht noch zu früh, Nägel mit Köpfen zu machen. Aber was denkst du, war bei dieser Wahl ausschlaggebend?

Robert Krotzer: Wahlentscheidend war sicher ein Groll über das politische Establishment. Das fängt auf der Bundesebene mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und all den Machenschaften an und setzt sich fort bis auf die städtische Ebene. ÖVP und die rechtspopulistische FPÖ haben in den letzten viereinhalb Jahren eine Politik gemacht, die weit weg war von den Menschen. Die Bevölkerung erlebte dies in der Form ständiger Verteuerungen oder der ungeplanten Bebauung der Stadt, wo Grünflächen beschnitten wurden. Die ÖVP war nicht mehr greifbar mit ihrer abgehobenen Politik. Da war und ist die KPÖ ein Gegenmodell. Und weiterzuentwickeln wird eine große Aufgabe. Es ist aber auch eine Chance, einiges neu und besser zu machen.

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"Stärkste der Parteien", UZ vom 1. Oktober 2021



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