Ermittlungen zur Ermordung Mouhamed Dramés kurz vor Abschluss

Staatsanwaltschaft bereitet Anklage vor

Die seit sechs Monaten laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dortmund zur Erschießung des 16-jährigen unbegleiteten Geflüchteten Mouhamed Lamine Dramés während eines Polizeieinsatzes stehen kurz vor dem Abschluss. Das berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in der Ausgabe vom 1. Februar. Die Staatsanwaltschaft plane, Anklage gegen fünf der zwölf an dem Einsatz beteiligten Polizisten zu erheben, darunter der Todesschütze sowie der Einsatzleiter. Sie werfen den Beteiligten Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung im Amt, Körperverletzung mit Todesfolge respektive Totschlag vor. Eine Abschlusserklärung werde gerade vorbereitet, bestätigte Oberstaatsanwalt Carsten Dombert auf UZ-Anfrage. „Weitere Erklärungen hierzu ergehen derzeit nicht.“

Ein Betreuer der katholischen Jugendeinrichtung St. Antonius in der Dortmunder Nordstadt hatte am Nachmittag des 8. August 2022 die Polizei verständigt, weil der suizidgefährdete Dramé mit einem Messer alleine auf dem geschlossenen Innenhof der Jugendhilfeeinrichtung saß. Die herbeigerufenen Polizisten schalteten weder ein Kriseninterventionsteam noch einen Dolmetscher ein. Stattdessen besprühten sie den Jugendlichen mit abgelaufenem Reizgas und setzten dann zwei mal eine Distanz-Elektroimpulswaffe ein. 0,717 Sekunden nach dem zweiten Taser-Einsatz mähte ein Polizist Dramé mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole nieder. Dramé starb kurz darauf im Krankenhaus.

Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zufolge wertet die Staatsanwaltschaft Dortmund den Einsatz als „unverhältnismäßig“. Der Einsatz von Reizgas sei „überzogen“ gewesen, der der Taser „unrechtmäßig“. Die herbeigerufenen Polizisten hätten stattdessen ein „Kriseninterventionsteam und einen französischen Dolmetscher“ einschalten müssen, um die Situation zu entschärfen.

Die Ermittlungen waren schleppend angelaufen und erst nach Protesten auf der Straße in Dortmund, Köln und weiteren Städten sowie Druck der Opposition im Düsseldorfer Landtag in Gang gekommen. Der „Neutralität“ wegen wurde die Polizei Recklinghausen mit den Ermittlungen beauftragt. Die Polizei Dortmund ermittelte zeitgleich gegen Beamte der Polizei Recklinghausen wegen des Todes eines 39-Jährigen nach einem Polizeieinsatz am 7. August 2022. Keiner der Dortmunder Polizisten hatte seine Bodycam eingeschaltet. Der mutmaßliche Todesschütze schweigt bis heute. Mittlerweile heißt es, die Aussagen der Polizisten würden sich weitgehend mit denen der Sozialarbeiter der Jugendhilfeeinrichtung decken. Die Polizisten, die im Fokus der Ermittlungen stehen, hatten lange die Aussage verweigert.

Die im Senegal lebende Familie von Mouhamed Lamine Dramé fordert, die Ermordung des Jugendlichen müsse juristisch sauber aufgeklärt werden. Die geplante Anklage sei „nur schwer zu verstehen“. Die Familie möchte als Nebenklägerin am Gerichtsverfahren teilnehmen und hat die Dortmunder Rechtsanwältin Lisa Grüter als Nebenklagevertreterin benannt. Grüter kritisiert, was bisher zur geplanten Anklageerhebung bekannt ist. „Wenn die Beamten nur wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt würden, was derzeit ja noch nicht sicher ist, fände ich das juristisch hoch fragwürdig“, sagte sie dem „Neuen Deutschland“. Ein Tötungsvorsatz müsse unbedingt in Betracht gezogen werden, wenn ein Polizist mit einer Maschinenpistole auf Menschen schieße.

Das Dortmunder Bündnis Solidaritätskreis Mouhamed hatte schon wenige Wochen nach der Ermordung Dramés angekündigt, das Gerichtsverfahren kritisch begleiten zu wollen.

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"Staatsanwaltschaft bereitet Anklage vor", UZ vom 10. Februar 2023



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