Staatlicher Angriff auf Bürgerrechte

Bund will Polizeigesetz verschärfen. Bundespolizisten sollen mit Tasern ausgestattet werden.

Der Abbau der bestehenden Grund- und Freiheitsrechte durch die etablierte Politik schreitet weiterhin schnellen Schrittes voran. So plant Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Medienberichten zufolge, die Bundespolizei mit noch mehr Eingriffs- und Überwachungsbefugnissen auszustatten.

Geht es nach Seehofer, soll künftig der Einsatzbereich der Bundespolizei von Bahnhöfen und räumlich eingeschränkten Grenzregionen auf Verkehrsknotenpunkte ausgeweitet werden, von denen „aufgrund von Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass diese Verkehrswege zur unerlaubten Einreise genutzt werden“. Zudem soll die Bundespolizei präventiv verdeckte Ermittler einsetzen dürfen, was bisher legal nicht möglich ist.

Einher gehen die geplanten Befugniserweiterungen mit einer weiteren Aufrüstung der Beamtinnen und Beamten, die zukünftig mit potentiell lebensbedrohlichen Elektroschockpistolen, sogenannten Tasern, ausgestattet werden sollen. Zur Erinnerung: Bei den besagten Elektroschockpistolen handelt es sich keineswegs um ungefährliche Waffen. Sie sind mit Metallpfeilen ausgestattet, die über Drähte mit dem Abschussgerät verbunden sind, und können kurzzeitig eine Spannung von bis zu 50.000 Volt auf die Zielperson übertragen. Infolgedessen erlahmt die Muskulatur der Getroffenen und lässt diese bewegungsunfähig zu Boden fallen. Zwar behaupten die Befürworter der Taser, dass diese darauf ausgerichtet seien, vermeintliche Angreifer auf Distanz zu halten. In der Praxis stellt sich dies jedoch oft anders dar. Vor allem für Menschen mit Herz- oder Kreislauferkrankungen können die Taser schnell zur Lebensgefahr werden. So dokumentierte die US-amerikanische Sektion von „Amnesty International“ für die USA zwischen 2001 und 2017 insgesamt 802 Todesfälle, die im Zusammenhang mit dem Einsatz von Tasern standen. Auch in der Bundesrepublik kam es schon zu mehreren Todesfällen, die im Zusammenhang mit Taser-Einsätzen durch die Polizei stehen. So verstarben 2018 jeweils ein Mann in Pirmasens und einer in Nürnberg.

Während die übergroße Mehrheit der etablierten Politik die von den Waffen ausgehende potentielle Lebensgefahr leugnet, hatte der nordrhein-westfälische Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) die ursprünglich vorgesehene flächendeckende Ausstattung der Polizei mit Tasern in seinem Bundesland gestoppt.

Fernab der Bundesebene laufen auch in mehreren Bundesländern Planungen, die Polizeigesetze weiter zu verschärfen. In Baden-Württemberg liegt das Gesetz derzeit auf Eis, weil sich die Regierungskoalition aus „Bündnis 90/ Die Grünen“ und CDU bisher noch nicht im Detail auf alle Verschärfungen einigen konnte. Anders sieht es hingegen aktuell in Mecklenburg-Vorpommern aus. Dort soll der Landtag noch diesen Monat über die Gesetzesverschärfung abstimmen.

Das Bündnis „SOGenannte Sicherheit“ zeigte sich unterdessen enttäuscht vom neuen Entwurf zum Polizeigesetz (SOG M-V) der rot-schwarzen Regierungskoalition. „Trotz des Protests aus breiten Schichten der Bevölkerung und der fundierten Kritik von Fachverbänden soll der Gesetzentwurf zum SOG M-V im Wesentlichen unverändert bleiben“, monierte Bündnissprecher Peter Madjarov zu Beginn dieser Woche. „Die einzige Ergänzung – die Einrichtung einer Polizeibeauftragten-Stelle“ – sei völlig unzureichend. Denn sie solle allein den Polizeibeamtinnen und -beamten, nicht aber den Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechperson zur Verfügung stehen. „Die Landesregierung verkennt, dass die Zeiten vorbei sein müssen, in denen die Polizei offenkundige Probleme nur unter sich klärt. Es braucht stattdessen eine offene Fehlerkultur unter Einbeziehung der Betroffenen. Hier wurde die Chance vertan, das verloren gegangene Vertrauen zurück zu gewinnen“, so Madjarov weiter. Der Gesetzesentwurf von SPD und CDU sei aus Perspektive der Bürgerinnen und Bürger „so nicht tragbar“. „Sollte er trotzdem in seiner aktuellen Form verabschiedet werden, bleibt uns nichts anderes übrig, als mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das SOG M-V vorzugehen“, kündigte das Bündnis an.

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