Regierung kontrolliert Medien – nur in Polen?

Staat gegen Pressefreiheit

Von www.german-foreign-policy.com

Mehrere zehntausend Menschen haben am Wochenende in Polen gegen das neue Mediengesetz protestiert. Das Gesetz ist Ende Dezember vom polnischen Parlament beschlossen und am vergangenen Donnerstag mit der Unterschrift von Präsident Andrzej Duda in Kraft gesetzt worden. Mit ihm ist der Rundfunkrat KRRiT weitgehend entmachtet worden. Die Regierung kann nun Leitungspositionen in den öffentlich-rechtlichen Medien frei besetzen und hat damit am Freitag begonnen: Mit Jacek Kurski hat sie einen Mann zum Intendanten des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP ernannt, der im Jahr 2005 den Präsidentschaftswahlkampf von Lech Kaczynski organisierte, dem Bruder des Vorsitzenden der heutigen Regierungspartei PiS (Prawo i Sprawiedliwosc), Jaroslaw Kaczynski. Kurski bezeichnete sich damals als „Kaczynskis Bullterrier“.

Weitere Maßnahmen sind bereits geplant. So sollen sämtliche Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und alle Mitarbeiter der staatlichen Nachrichtenagentur PAP entlassen und nur diejenigen wieder angestellt werden, die sich den neuen Richtlinien unterordnen. Diese sehen vor, dass die Medien „nationale Traditionen sowie patriotische und humanistische Werte zu pflegen“ haben.

„Dass die Regierung die öffentlichen Medien beeinflusst ist nicht neu.“

Unbeschadet der Tatsache, dass die komplette Unterordnung der öffentlich-rechtlichen Medien Polens unter Regierungskontrolle eine neue Qualität staatlichen Vorgehens gegen die Pressefreiheit darstellt, kann sie an Formen staatlicher Einflussnahme auf die Medien anknüpfen, die in der EU weit verbreitet sind – nicht nur in östlichen, sondern auch in westlichen Mitgliedstaaten. Auch in Deutschland, dessen Regierung sich jetzt anmaßt, Polen zu maßregeln, wird immer wieder scharfe Kritik an der Einflussnahme des Staates und der Regierungsparteien auf die öffentlich-rechtlichen Medien laut. In Deutschland existieren sogar gesetzliche Regelungen, die klare Parallelen zu dem weithin kritisierten ungarischen Mediengesetz aus dem Jahr 2011 aufweisen.

Auch für Polen selbst ist massive Einflussnahme der Regierung auf die öffentlich-rechtlichen Medien nicht neu. Wie Journalisten einräumen, ist der Vorwurf, auch die Regierung der Platforma Obywatelska (PO, „Bürgerplattform“) unter dem heutigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk habe sich „in ihren acht Regierungsjahren die öffentlichen Medien de facto unterworfen, ‚nicht ganz falsch“. Die Mitglieder des „bisher alles entscheidenden Rundfunkrats“, des KRRiT, seien „schon immer von Parlament und Präsident eingesetzt worden“. Unter Tusk, seiner Nachfolgerin Ewa Kopacz und dem parallel amtierenden Staatspräsidenten Bronislaw Komorowski (PO) habe dies „unweigerlich dazu geführt, dass der Rat mit seinem entscheidenden Einfluss auf das mediale Führungspersonal gegenwärtig klar ‚liberal‘ geprägt ist“. Entsprechend hätten Nationalkonservative aus dem Umfeld der neuen Regierungspartei „bei TVP und Polskie Radio heute tatsächlich wenig Freunde“. In ähnlicher Weise hätten die PO und die mit ihr koalierende Bauernpartei PSL „überall im Land ein System der Vetternwirtschaft“ installiert, urteilt ein Mitarbeiter des Warschauer Think-Tanks Polityka Insight.

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"Staat gegen Pressefreiheit", UZ vom 15. Januar 2016



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