Zu „Am Anfang war das Sondervermögen“, UZ vom 17. Juni

Sprachmanipulation

Thomas Ewald-Wehner, Nidderau

Über ein „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro zu verfügen, wäre für sich genommen positiv. Im Kontext von Auf- und Hochrüstung scheint die Sprachmanipulation erfolgreich: Es wird nicht etwa von bewilligten „Kriegskrediten“ oder Darlehensaufnahmen für forcierte Aufrüstung gesprochen, sondern den Sachverhalt verkehrend von „Vermögen“. Dies erinnert an die Indienstnahme eines guten Begriffes der Arbeiterbewegung („Solidarität“) für die Benennung einer Steuer als „Solidaritätszuschlag“, der nie ein „Zuschlag“, sondern eine „Abgabe“ beziehungsweise ein Steuerabzug war („Ergänzungsabgabe“ im Sinne von Artikel 106 GG). Damit sollte Akzeptanz in der Bevölkerung geschaffen werden.

Die Aufnahme des „Sondervermögens“ für Hochrüstungszwecke in das Grundgesetz wurde in der Gesellschaft nie vernünftig diskutiert. Deshalb interessierte die Öffentlichkeit auch die Grundgesetzänderung nicht. Nach meinen Erkundungen wurde diese Ergänzung im Notstandsparagraphen 87 a GG aufgenommen. Dieser regelt den Einsatz der Bundeswehr im Inneren zum Beispiel zur „… Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer …“ etc. Die Umsetzung dieser Grundgesetz-Ergänzung ausgerechnet in diesem Notstandsartikel spricht Bände.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Sprachmanipulation", UZ vom 24. Juni 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]

    Das könnte Sie auch interessieren

    Unsere Zeit