Mehr Lehrpläne und weniger Sportstätten

Spaß beim Schulsport

Von Herbert Becker

Jeder kennt noch aus eigenem Erleben und später durch Schilderungen der Kinder oder Enkelkinder die Gefühle, die das Wort „Schulsport“ auslöst. Oftmals wochenlang die immer gleichen Übungen an Turngeräten, Laufen und Springen auf drögen Ascheplätzen und einmal jährlich das leidige Bundessportabzeichen. In Deutschland ist Bildung Ländersache, also werden auch die Lehrpläne für dieses Fach in den Ministerien der Bundesländer geschrieben. Wer nun meint, es gäbe deshalb 16 Lehrpläne, irrt gewaltig. Allein für die Sekundarstufe I kommt die Deutsche Sporthochschule Köln auf 70 bis 80 Lehrpläne, man mag sich gar nicht vorstellen, was eine Zählung für alle Stufen und Schultypen zu Tage bringen würde.

Die Unterschiede in den Lehrplänen sind groß, in Bremen für die Sek I kommt man mit 21 Seiten aus, in Baden-Württemberg schreibt die Ministerialbürokratie epische 96 Seiten. In den Formulierungen für die Lernziele schreiben die in Kiel „es sollen Spielformen des Laufens, Springens und Werfens erprobt und angewendet werden“, während es aus Erfurt heißt, ein Siebtklässler muss 75 Meter sprinten und mindestens 16 Minuten am Stück laufen können. In Hamburg meint man, das „Bewegungsfeld ‚Bewegung im Wasser’ gehöre zur Perspektive ‚Leisten und Üben’“, aus Wiesbaden kommt die Kunde von den Leitideen ‚Gesundheit und Körperwahrnehmung’ zum gleichen Thema.

Verständlich mag sein, dass Sachsen, Bayern und Thüringen den Wintersport im Lehrplan haben, für Schleswig-Holstein und Hamburg dafür Wassersport, also Segeln und Rudern.

Ein Wechsel von Schülerinnen und Schülern in ein anderes Bundesland bringt sowieso schon viele Probleme mit sich, die Lehrpläne sind in allen Fächern gravierend unterschiedlich und der mögliche Spaß, zumindest beim Schulsport gleich wieder mitmachen zu können, wird enttäuschend und wenig motivierend sein.

Bei all dem Lamento über die Schulbürokraten darf eines nicht aus dem Blick geraten: Wenn Unterricht ausfällt, dann oft und laufend der Sportunterricht. Alle kennen die Bilder der maroden Turnhallen, spätestens seit Flüchtlinge dort untergebracht wurden, alle wissen um die Schließung von Schwimmhallen und Sportplätzen, weil den Kommunen schlicht das Geld fehlt oder lieber für die Erschließung von Gewerbegebieten ausgegeben wird. Und selbst wenn die Situation eine bessere wäre, Papier ist geduldig, und inwieweit Lehrpläne tatsächlich umgesetzt werden bleibt fraglich.

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"Spaß beim Schulsport", UZ vom 15. Dezember 2017



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