Länder und Kommunen gegen Kürzungen bei der Unterstützung des Bundes

Sparen bei den Flüchtlingen

Von Nina Hager

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will sparen. Nicht nur bei der Bildung. Die Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen zur Integration von Flüchtlingen soll gekürzt werden. Derzeit gibt der Bund 4,7 Milliarden, 2022 sollen es nur noch rund 1,3 Milliarden Euro sein. Dabei geht es zum Beispiel um eine Integrationspauschale und die Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge. Scholz begründet die Pläne damit, dass längst nicht mehr so viele Asylbewerber nach Deutschland kommen wie noch 2015.

Als das vor circa zwei Wochen bekannt wurde, kam jedoch sofort Widerspruch aus den Bundesländern, aus Städten und Gemeinden. Städte- und Gemeindevertreter fürchten um den sozialen Frieden in ihren Kommunen und dass sie künftig Integrationsmaßnahmen, aber auch die Beratung und Betreuung der Betroffenen nicht mehr bezahlen können. Integration brauche viel mehr Zeit und Unterstützung. Am 21. März, einen Tag, nachdem das Bundeskabinett die Eckpunkte für den Haushalt 2020 und den Finanzplan des Bundes bis 2023 beschlossen hatte, lehnten alle 16 Länderchefs auf einem Treffen der Ministerpräsidenten in Berlin die geplanten Kürzungen ab und forderten Änderungen. Der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) sprach dabei von einem „Schlag ins Gesicht“ der Menschen, die sich vor Ort für Flüchtlinge engagieren. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte nach dem Treffen laut NDR, dass die Länder auf jeden Fall erwarteten, dass die bisher gezahlten 1,8 Milliarden Euro für die Unterkünfte der Flüchtlinge vom Bund weiter übernommen werden. Dazu solle noch eine Integrationspauschale kommen. Diese betrug bisher 2,4 Milliarden Euro. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte schon zuvor die Pläne von Scholz als nicht akzeptabel bezeichnet.

Ende 2019 laufen mehrere Regelungen der Kostenübernahme für Flüchtlinge aus: die 670-Euro-Pauschale für jene im Asylverfahren, die Integrationspauschale und die Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge. Scholz will diese Gelegenheit offensichtlich nutzen. Er plant stattdessen eine Pauschale von 16000 Euro pro Flüchtling für die ersten fünf Jahre nach der Ankunft. Die 16000 Euro sollen aber, so der NDR, nur für das erste Jahr gelten, später wird weniger gezahlt. Dass das die Kosten nicht decken wird, macht eine einfache Überschlagsrechnung deutlich. Manche Asylverfahren dauern zudem länger und viele Asylbewerber bleiben mit Duldung auch dann, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde.

Aus dem Verantwortungsbereich von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kam derweil zudem die Mitteilung, man plane gleichfalls Änderungen bei den Leistungen für Asylbewerber. Rund 100000 Asylbewerber würden demnach ab 2020 weniger Geld zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten erhalten. Das geht aus einem Entwurf des Bundesarbeitsministeriums hervor. Vorgesehen ist, dass alleinstehende Asylbewerber, die nicht in einer eigenen Wohnung leben, künftig behandelt werden sollen wie Paare. Die Grünen lehnen die Kürzungen ab. Laut Verfassungsgericht sei die Menschenwürde „nicht relativierbar“, erklärte Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion der Grünen. „Erneut tritt die Bundesregierung die Menschenwürde von Flüchtlingen mit Füßen“, kommentierte die Innenpolitische Sprecherin der Fraktion der Linkspartei, Ulla Jelpke, die Pläne.

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"Sparen bei den Flüchtlingen", UZ vom 5. April 2019



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