Ende November diskutierte der Stadtrat in Bottrop den Haushalt der Stadt. Für die DKP lehnte Ratsfrau Irmgard Bobrzik den Etat ab und begründete das mit der nachfolgenden Rede:
Obwohl Bottrop nach zehn Jahren nicht mehr der Haushaltssanierung unterliegt, wird praktisch auch im kommenden Jahr das Spardiktat des letzten Jahrzehnts fortgesetzt. Die Notlage armer Menschen in Bottrop wird immer größer. Dies ist auch eine direkte Folge der drastischen Sparmaßnahmen der letzten Jahre.
Der Sozialbericht des letzten Jahres kam zu alarmierenden Feststellungen.
Der Anteil von Kindern und Jugendlichen im SGB-II-Bezug beträgt in Bottrop 21,5 Prozent. In der Altstadt beträgt der Anteil 51,1 Prozent, in Welheim 33,7 Prozent und in Batenbrock-Süd 29,6 Prozent.
In Bottrop leben 40,4 Prozent aller Alleinerziehenden in einer Bedarfsgemeinschaft. In der Altstadt beträgt der Anteil 72 Prozent, in Batenbrock-Süd und in der Boy 53,5 Prozent.
Die Anzahl der von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und lag zuletzt bei 221 Personen. Hinzu kommt eine dreistellige Zahl von Haushalten, die im Laufe eines Jahres durch Räumungsklagen von Wohnungslosigkeit bedroht ist.
Statt einer radikalen Umkehr in der Sozialpolitik, die wirksam die Armut in unserer Stadt bekämpft, wird die verhängnisvolle Sparpolitik des letzten Jahrzehnts fortgesetzt.
Bottrop-Pass gestrichen
Auf Druck der DKP wurde der Bottrop-Pass Ende der 80er Jahre eingeführt, um auch armen Menschen die Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben der Stadt zu ermöglichen. Als eine der ersten Maßnahmen im Spardiktat wurde der Bottrop-Pass von SPD und CDU gestrichen. Da die Stadt nach Beendigung des Haushaltssanierungsplanes endlich wieder mehr Möglichkeiten der eigenen Haushaltsplanung hat, wäre es konsequent gewesen, den Bottrop-Pass endlich wieder einzuführen.
Hier verweigern sich SPD und CDU einer konsequenten Sozialpolitik für arme Menschen in unserer Stadt. Stattdessen wollen Sie, Herr Oberbürgermeister, mit Unterstützung von SPD und CDU, einen fünften Dezernenten für Jugend- und Sozialpolitik. Was die Jugendlichen und finanzschwachen Menschen in unserer Stadt brauchen, ist nicht ein neues Dezernat mit jährlichen Kosten von rund 215.000 Euro, sondern konkrete Unterstützung und Hilfsmaßnahmen. Es ist ein Skandal, dass mit unseren Geldern nur ein neuer unnützer Wasserkopf geschaffen werden soll!
Die Mehrheit des Rates von SPD und CDU verschließt die Augen davor, unter welchen katastrophalen finanziellen Bedingungen Menschen im Hartz-IV-Bezug leben müssen. Die skandalöse Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes ab Januar lediglich um 3 Euro auf 449 Euro ist angesichts der Preissteigerungen für den täglichen Bedarf von über 4 Prozent eine Zumutung. Dies bedeutet für immer mehr Menschen ein Leben in tiefster Armut. Diese Unterschreitung des menschenwürdigen Existenzminimums der neuen Hartz-IV-Beträge ist nach Auffassung der Sozialverbände verfassungswidrig. Die Stadt und die Mitglieder des Rates machen sich mitschuldig an diesem unmenschlichen System, wenn keine Erleichterungen für diese Menschen ermöglicht werden! Ihre Politik ist weder sozial noch christlich! Eine Umbenennung von Hartz IV in „Bürgergeld“, wie es die künftige Bundesregierung plant, mit den bisherigen Regelsätzen und einer Beibehaltung der Sanktionspraxis, ist eine Verarschung der Betroffenen. Es empört mich zutiefst, wie nahtlos durch die künftige Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP die Menschenrechte der Armen mit Füßen getreten werden.
Damit armen Bürgern auch ein menschliches Weihnachten ermöglicht wird, hatte die DKP eine Weihnachtsbeihilfe von 100 Euro für Menschen im Transferbezug gefordert. Eine Regelung, die es früher in der Sozialhilfe gegeben hat. Für ein fünftes Dezernat soll Geld ausgegeben werden, nicht aber für eine finanzielle Unterstützung armer Menschen zu Weihnachten!
Stromsperren verhindern
Die Energiepreise steigen rasant von Monat zu Monat. Für immer mehr Menschen werden Strom- und Heizkosten nicht mehr bezahlbar. Im letzten Jahr hatte die ELE die Stromsperren wegen Corona ausgesetzt. In diesem Jahr gilt diese Regelung nicht mehr. Im Winter droht vielen Haushalten daher eine Stromsperre. Obwohl die ELE sich inzwischen mehrheitlich im Besitz der Städte Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop befindet, weigert sich die ELE, keine Stromsperren mehr vorzunehmen und einen Sozialtarif einzuführen. Die DKP fordert endlich ein Verbot von Stromsperren und einen Sozialtarif für finanzschwache Menschen.
Auch in Bottrop steigen die Mieten rasant. Die energetischen Sanierungen der großen Wohnungsunternehmen VIVAWEST, Vonovia und der städtischen GBB haben viele Mieter aus ihren langjährigen Wohnungen vertrieben. Die teuren Mieten können viele Familien nicht mehr bezahlen.
Immer mehr Sozialwohnungen fallen aus der Preisbindung heraus. Inzwischen gibt es nur noch 5.300 Sozialwohnungen in unserer Stadt. Dies sind nur noch 8,3 Prozent aller Wohnungen in Bottrop. Die städtische GBB kann den großen Bedarf an preiswertem Wohnraum nicht schaffen. Die DKP fordert daher ein kommunales Wohnungsbauprogramm von 10 Millionen Euro. (…)
Die Kosten der Unterkunft sind in Bottrop bewusst künstlich niedrig berechnet worden. Immer mehr Bezieherinnen von Transferleistungen werden daher gezwungen, die Differenz zu den realen Mietkosten aus dem Hartz-IV-Regelsatz zu bezahlen oder sich eine preiswertere Wohnung zu suchen.
Dies wird bei der derzeitigen Wohnungssituation immer schwieriger. Die DKP kritisiert, dass die Stadt zu Lasten von Bedürftigen bei den Kosten der Unterkunft massiv spart. Die soziale Spaltung wird damit weiter vertieft. Die DKP fordert, die Stadt soll, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, die kompletten Kosten der Unterkunft übernehmen, auch oberhalb der Richtwerte. (…)
In keinem Stadtbezirk gibt es so katastrophale Lebensumstände für die Menschen wie in der Altstadt. Die städtischen Förderprogramme sind jedoch nicht auf Verbesserung der Situation für die betroffenen Bewohner und deren Kinder gerichtet, sondern einseitig auf die Wirtschaftsförderung von Handelsketten und Einzelhandel in der Innenstadt. Die DKP kritisiert, dass Investoren immer stärker das politische Handeln in der Stadt bestimmen. Dies verschärft die soziale Spaltung in der Stadt.
Sparpolitik gegen Schüler
Die Schulen stehen vor dem zweiten Corona-Winter, ohne dass es einen ausreichenden Schutz in den Unterrichtsräumen gibt. Das Lüften an kalten Wintertagen wird immer noch in der Mehrzahl der Klassenzimmer als einzige Schutzmaßnahme, neben regelmäßigen Corona-Tests, praktiziert. Beharrlich wird die Anschaffung einer ausreichenden Anzahl von Luftfiltern und CO2-Ampeln durch die Verwaltung ignoriert. Dies ist völlig unverantwortlich angesichts der hohen Inzidenzzahlen gerade bei Schülerinnen und Schülern. Wie katastrophal sich die Sparpolitik des letzten Jahrzehnts durch die Schließung aller Lehrschwimmbecken auf die Schwimmfähigkeit der Schülerinnen und Schüler auswirkt, erleben wir aktuell. Es ist dringend notwendig, notfalls auch mit hohen finanziellen Mitteln, als ersten Schritt die Lehrschwimmbecken an der Fürstenberg-Grundschule und dem Schulstandort Michael Ende wieder zu reaktivieren. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Eltern zwei Jahre und länger auf einen Schwimmkurs für ihre Kinder warten müssen. Es droht eine junge Generation ohne ausreichende Schwimmfähigkeit heranzuwachsen.
Seit langem fordert die DKP, dass die Reinigung in den Schulen und städtischen Gebäuden rekommunalisiert wird. Die Beschäftigungsverhältnisse bei den Reinigungsfirmen, die maximal den Mindestlohn zahlen, bedeuten Armut im Rentenalter. Die Stadt macht sich durch die Fremdvergabe der Reinigung mitschuldig an Lohndumping. Laut der Gewerkschaft ver.di kann die Reinigung in Eigenregie langfristig günstiger sein. (…)
Kommunen bluten weiter
Erneut werden die Kommunen in der Corona-Krise von Bund und Land allein gelassen. Der Bund hatte den Städten zugesagt, die Gewerbesteuer-Ausfälle nicht nur für das letzte Jahr, sondern auch für dieses Jahr zu erstatten. Auf diesen Einnahmeverluste bleiben die Kommunen jetzt alleine sitzen. Die städtischen Corona-Folgekosten von bisher 68 Millionen Euro werden in einem Schattenhaushalt, außerhalb der städtischen Haushaltes, geführt. Dieser Schattenhaushalt wird der Kontrolle durch den Rat der Stadt entzogen. Dies ist eine Missachtung der kommunalen Demokratie. Ab 2025 sollen über 50 Jahre die Corona-Kosten von der Stadt abgetragen werden. Die Schuldenlast wird damit der künftigen Generation aufgebürdet. Die DKP fordert, dass die kommunalen Corona-Kosten vom Bund getragen werden. Die Reichen und Superreichen müssen hierfür endlich mit einer Millionärssteuer abkassiert werden.
Bis 2024 sollen die deutschen Rüstungsausgaben auf insgesamt 2 Prozent der Wirtschaftsleistung erhöht werden. Dies entspricht fast einer Verdoppelung der heutigen Ausgaben von 44 Milliarden Euro. Daran will auch die neue Bundesregierung festhalten. Statt Rüstungswahnsinn und deutsche Kriegseinsätze im Ausland muss das Geld für Bildung, Soziales und Gesundheit verwendet werden.
An der chronischen Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden hat sich nichts geändert. Die Stadt ist aktuell mit über 150 Millionen Kassenkrediten bei den Banken verschuldet. In der Finanzplanung beabsichtigt die Stadt in den nächsten vier Jahren 22,3 Millionen Euro Kassenkredite an die Banken zurückzuzahlen. Die DKP lehnt dies entschieden ab. Die Alternative lautet: Geld für die Banken oder kostenloses Mittagessen für Schülerinnen und Schüler sowie kostenfreier Besuch der Kitas und der OGS in den Grundschulen. Die Kassenkredite müssen vom Bund und den Banken übernommen werden. Die Banken haben sich an der finanziellen Not der Städte bereichert. Es ist nur konsequent, wenn die Kassenkredite der Kommunen auf Kosten der Finanzhaie gestrichen werden.
Ein solidarisches Bottrop, in dem Kinder nicht in Armut aufwachsen müssen, jeder Mensch am kulturellen und sozialen Leben teilnehmen kann, die Suppenküche nicht mehr notwendig ist, es genügend preiswerten Wohnraum gibt und der öffentliche Nahverkehr kostenlos die Menschen in Bottrop und ganz NRW befördert, ist möglich. Den Klimanotstand ernst zu nehmen und die Hauptwache der Feuerwehr nicht in eine Frischluftschneise und Naturfläche zu bauen, ist möglich. Dafür bedarf es jedoch einer Politik im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und nicht der Wirtschaft.
Den Haushalt 2022 lehnt die DKP entschieden ab.