Sofern der Spanische Krieg in Schulen, anderen Bildungseinrichtungen und den Medien heute noch Erwähnung findet, dann aus antikommunistischer Sicht. Bedeutenden Einfluss zeitigen vor allem die Erlebnisberichte der „linken Kritiker“ wie „Mein Katalonien“ von George Orwell. Sein Buch und „die linksradikale POUM während des Spanischen Bürgerkriegs sind wesentlicher Teil einer Geschichtsverzerrung und prägen heute das Geschichtsbild junger Antifaschistinnen und Antifaschisten“, heißt es im Vorwort des Herausgebers der deutschen Übersetzung, der Gedenkstätte Ernst Thälmann Hamburg.
Die Broschüre umfasst eine Einführung des Gewerkschafters Tom Sibley und zwei Streitschriften über den Spanischen Bürgerkrieg: „Spaniens ‚linke‘ Kritiker“ aus dem Jahre 1937 von J. R. Campbell, Redakteur des „Daily Worker“ sowie „George Orwell und Spanien“ von Bill Alexander, Kommandeur des britischen Bataillons der Internationalen Brigaden, aus dem Jahre 1984. Im Mittelpunkt der Kritik steht das Buch „Mein Katalonien“ von George Orwell, der während des Bürgerkriegs der ultralinken POUM angehörte. Er ging nach Spanien, um sich als Schriftsteller einen Namen zu machen – weniger aus politischer Überzeugung. Aufgrund mangelnder Erfahrungen mit der proletarischen Bewegung wurde seine Bewerbung als Freiwilliger für die Internationale Brigade Britanniens abgelehnt. Somit kann man „Mein Katalonien“ als ein Stück Abrechnung mit den Kommunisten verstehen. Wäre George Orwell zu den Internationalen Brigaden gestoßen, „wäre sein äußerlicher Mut möglicherweise gestählt und zu einem unerschütterlichen Mut geworden, und seine politische Ignoranz und Naivität hätten sich in Verständnis verwandelt, ihm einen Lebenssinn gegeben, nach dem er sein ganzes Leben lang erfolglos gesucht hat“, schreibt Bill Alexander. Seine Streitschrift entstand viele Jahre später, um den Schaden zu begrenzen, den George Orwells verleumderisches und wenig seriöses Buch angerichtet hatte. Man denke nur an den 1995 erschienenen Film „Land and Freedom“ von Ken Loach, der sich bei der Darstellung des Spanischen Bürgerkriegs an Orwells antikommunistischer Interpretation orientiert.
Anarchisten und POUM-Anhänger wollten mit allen Mitteln zuerst die Revolution – im Widerspruch zur Haltung „der Regierung und der wachsenden Mehrheit des spanischen Volkes, die sich darüber im Klaren waren, dass der Faschismus zuerst besiegt werden muss“. Mit Gewalt versuchte die POUM-Miliz, die Dorfbevölkerung für ihre „revolutionären“ Ziele einzuspannen. Durch solche Eskapaden und andere Alleingänge betrieben sie Spaltung und schadeten dem Freiheitskampf mehr als den Faschisten. Sie verbreiteten etwa, dass die militärische Unterstützung seitens der Sowjetunion allein dem Ziel künftiger Macht diene. „Die Notwendigkeit einer einheitlichen Front, in der auch Kommunisten mitbestimmten, erschien ihnen als autoritär.“ So kam es unweigerlich zu Auseinandersetzungen.
„Alexanders Motiv war es, Orwells fantasievolle Darstellung des Spanischen Bürgerkriegs infrage zu stellen, die auf seiner Erfahrung mit einer weitgehend inaktiven Front in Aragon basierte, wo er in einer kleinen Gruppe der POUM-Miliz war.“ Sein Augenzeugenbericht über die Ereignisse in Barcelona im Mai 1937 entsprach den Auffassungen ultralinker Gruppen wie der POUM und anderer „oppositioneller Anarchisten, die ihre Waffen auf regierungstreue republikanische Kräfte richteten“. Tom Sibley entlarvt Orwell als politischen Spitzel, der seine literarischen und politischen Zeitzeugen bei der britischen Geheimpolizei denunzierte. Das Buch „Mein Katalonien“ wurde anfänglich kaum beachtet, bis die CIA „als Teil ihres Kalten Krieges, des Kreuzzuges gegen Kommunismus und Antikolonialismus, den weltweiten Vertrieb unterstützte“.
Die Autoren befassen sich nicht nur mit Orwell. Sie erörtern Themen wie die Bündnisfrage im Kampf gegen den Faschismus, das politische Kräfteverhältnis und den proletarischen Internationalismus der kommunistischen Parteien sowie die Bedeutung der Sowjetunion. Die Broschüre setzt sich mit Fragen und Problemen auseinander, die bis heute von zentraler Bedeutung für die kommunistische Bewegung sind.
Die 52-seitige Broschüre „Zwei Streitschriften vom Spanischen Bürgerkrieg“ liefert in konzentrierter Form einen wertvollen und unverzichtbaren Beitrag zum besseren Verständnis des Spanischen Bürgerkriegs.
Kuratorium Gedenkstätte Ernst Thälmann Hamburg e.V. (Hrsg.)
Zwei Streitschriften vom Spanischen Bürgerkrieg
Hamburg 2021, 52 Seiten, 3 Euro
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