Warum das Verdrängen von Parteifahnen und -symbolen bei Demonstrationen mehr ist als nur ärgerlich

Spalterei und postlinkes Gehabe

Kolumne

Seit ein paar Jahren gibt es in Teilen von sozialen und Protestbewegungen eine Unart, die sich immer weiter ausbreitet und verstetigt: Nämlich linken Parteien das Tragen ihrer Fahnen, Transparente und Symbole zu verbieten.

Dieses Auftrittsverbot betrifft Parteien, die oftmals Teil der Bündnisse sind, welche die jeweiligen Proteste organisieren, und deren Mitglieder meist ehrenamtlich viel Arbeit in die Vorbereitung und Durchführung investieren. Dazu kommt die Unterstützung der Bewegungen und Protestaktionen mit der eigenen Infrastruktur und mit finanziellen Ressourcen. Das wird auch gerne angenommen und im gleichen Atemzug gefordert, auf jedweden sichtbaren Auftritt der eigenen Organisation zu verzichten. Das hat mit gleichberechtigter Bündnisarbeit schlicht und ergreifend nichts zu tun.

Wer könnte ein Inte­resse daran haben, dass sich diese restriktive Art und Weise weiter fortsetzt und einen Keil in Protestbewegungen gegen den Rechtsruck oder die Klimabewegung treibt? Natürlich alle Kräfte, die sozialistische Forderungen, Strategien und Lösungsansätze klein halten wollen. Zuerst fallen einem die postlinken Antideutschen ins Auge, die sich heute meist gar nicht mehr so nennen, aber immer eines gemeinsam haben: In Bündnissen gegen entschieden sozialistische Organisationen zu agitieren und außenpolitisch immer stramm auf Regierungskurs zu sein. Mag es auch ums Klima gehen, sobald Parteien eine solidarische Haltung zur palästinensischen Bevölkerung einnehmen und sich klar gegen die NATO positionieren, werden sie angegriffen. Das Ziel ist, sie aus den Bündnissen zu drängen. Wo das aufgrund der Kräfteverhältnisse nicht geht, sollen sie sich und ihre Inhalte dann eben nicht zeigen. Dann dürfen linke Parteien zwar teilnehmen und mit ihren Mitgliedern die Reihen der Demonstration oder Veranstaltung auffüllen, aber gleichzeitig sollen sie unsichtbar bleiben und schweigen.

Sich das einmal umgekehrt vorzustellen, zeigt, wie absurd dieses Vorgehen ist. Wer würde von Seiten linker Parteien ernsthaft die Forderung aufstellen, bei Demonstrationen und Versammlungen keine Antifa-Flaggen oder Fahnen von Fridays for Future zuzulassen? Richtig, niemand.

Dabei geht es nicht um eine generalisierte Kritik an Protestbewegungen, die von Stadt zu Stadt und manchmal auch innerhalb von Städten unterschiedlich funktionieren. Es gibt viele ganz wunderbar und solidarisch arbeitende Bündnisse, die sich auf Augenhöhe den herrschenden Verhältnissen entgegenstellen. Aber es gibt eben auch die eben beschriebene Tendenz, die stärker wird.

Manchmal sind die Begründungen auch etwas subtiler, da ist dann von befürchteter Dominanz die Rede, weswegen linke Parteien ihre Fahnen zu Hause lassen oder ein Sprechverbot bekommen sollen. Und völlig klar, weder linke Parteien noch andere Organisationen sollten versuchen, sich in einer Bündnisaktion auf Teufel komm raus in den Vordergrund zu spielen. Wo das tatsächlich passiert, ist Kritik durchaus angebracht.

Aber der permanente Versuch der Verstetigung eines Auftrittsverbotes linker Parteien ist sektiererisch und spaltend. Die Repressionsorgane dürften sich freuen, wenn sie das mitbekommen, das erleichtert ihre Zersetzungsarbeit ungemein. Ob sie an der einen oder anderen Stelle mitmischen? Wer weiß das schon, unwahrscheinlich ist es jedenfalls nicht.

Und stellen wir uns doch auch mal die Wirkung auf jugendliche Genossinnen und Genossen vor, die gerade in die Partei eingetreten sind und als erstes in Bündnissen lernen, sich und ihre sozialistischen Forderungen nicht öffentlich zu zeigen. Sich quasi „großmütig“ dieses Auftrittsverbot zu eigen zu machen, um mitmachen zu dürfen, wie das auch öfter mal geschieht, ist die falsche Herangehensweise.

Vielmehr muss es darum gehen, innerhalb der Bündnisse dafür einzutreten, dass jede Organisationsform ihre Berechtigung hat. Langfristig wird dies soziale Bewegungen und breit aufgestellte Proteste gegen die kapitalistischen Verhältnisse stärken!

Unser Autor ist Mitglied des Bundesvorstands der Roten Hilfe e. V.

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"Spalterei und postlinkes Gehabe", UZ vom 14. März 2025



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