Treiben Corona-Tests die Kassenbeiträge in die Höhe? Das Pandemiegesetz vertagt die Frage

Spahn lässt anschreiben

Die Bundesregierung will vermehrt vorsorglich auf das Coronavirus testen lassen. Noch ist unklar, ob die Kosten der Tests durch höhere Krankenkassenbeiträge finanziert werden könnten.

Bis Ende Mai will Gesundheitsminister Jens Spahn eine Verordnung vorlegen, mit der die Krankenkassen verpflichtet werden, die Kosten für Tests auf das Coronavirus zu übernehmen – für bestimmte Personengruppen auch bei präventiven Tests, wenn der Betreffende keine Symptome zeigt. Damit sollen vor allem Patienten und Bewohner in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen getestet werden, wenn sie in eine Einrichtung aufgenommen werden, um die Ausbreitung des Virus zu kontrollieren. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft – eine Vereinigung der Krankenhausträger – fordert, die Tests stärker auszuweiten als von der Regierung vorgesehen: Alle Mitarbeiter in Krankenhäusern müssten regelmäßig getestet werden, das sei „eine zentrale Voraussetzung für die Eindämmung der Pandemie und die Wiederaufnahme der Regelversorgung“.

Die Gesetzlichen Krankenkassen halten mehr Tests zwar ebenfalls für sinnvoll – bei der Finanzierung widersprechen sie aber: Für Tests bei Menschen ohne Symptome seien nicht die Krankenkassen zuständig, die Kosten müssten aus Steuern beglichen werden. Wenn die Kassen zahlen müssen, stellt sich die Frage, ob sie die Kosten durch steigende Beiträge an ihre Versicherten weitergeben. Das Zweite Bevölkerungsschutzgesetz, dem der Bundesrat am 15. Mai zugestimmt hatte, vertagt diese Frage auf das kommende Halbjahr: Dann sollen Gesundheits- und Finanzministerium „miteinander festlegen, in welchem Umfang die Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung Zuschüsse des Bundes zur Stabilisierung der jeweiligen Beitragssätze erhalten“.

Weil die Finanzierung der Tests und anderer Hilfs- und Schutzmaßnahmen, die das Gesetz vorsieht, unklar bleibt, hat der Gesundheitspolitische Sprecher der Linkspartei im Bundestag, Achim Kessler, das Gesetz abgelehnt: Die Kosten „dürfen nicht auf die Krankenkassen und damit auf die Versicherten abgewälzt werden“, sondern müssten aus Steuern finanziert werden. Im zweiten Halbjahr darüber zu beraten, reiche nicht aus. Kessler fordert von der Regierung, schon jetzt zuzusagen, dass sie den Krankenkassen ausreichend Geld zur Verfügung stellt, um die Beiträge stabil zu halten.
Die Versorgung mit Schutzausrüstung ist immer noch nicht sichergestellt – obwohl das Gesundheitsministerium massenhaft Ausrüstung gekauft hat. Spahn lobt zwar sein Ministerium: Manche Kassenärztliche Vereinigungen würden inzwischen sagen: „Der Hof ist voll, bitte nicht mehr liefern.“ „Die Zeit“ berichtete in der vergangenen Woche, dass auch bei Logistikunternehmen, die vom Ministerium beauftragt wurden, über 130 Millionen FFP2-Schutzmasken liegen. Nach Angaben der Vorsitzenden des Marburger Bundes sind diese Masken nur bisher in den Kliniken nicht angekommen.

Seit Ausbruch der Pandemie in Deutschland hatten Geschäftemacher aller Art versucht, am Mangel an Schutzausrüstung zu verdienen. Ende März hatte das Gesundheitsministerium eine riesige Ausschreibung gestartet. Nun rechnet es nach einem Bericht von „Spiegel Online“ damit, dass 20 Prozent der gelieferten Schutzmasken unbrauchbar seien. Mit der Bezahlung ist das Ministerium im Rückstand. Die Prüfung der Lieferungen sei so aufwendig, dass es Unterstützung braucht: Dazu engagierte Spahn Unternehmensberater von Ernst & Young, um die Rechnungen zu bearbeiten und, wenn nötig, Verträge ohne Zahlung abzuwickeln.

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"Spahn lässt anschreiben", UZ vom 29. Mai 2020



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