Die Ergebnisse
• Zum 1. Januar 2019 werden die Gehälter um ein Gesamtvolumen von 3,2 Prozent erhöht; in diesem Gesamtvolumen sind enthalten die Anhebung der Stufe 1 in den Entgeltgruppen 2 bis 15 um 4,5 Prozent und für die übrigen Stufen in allen Entgeltgruppen eine lineare Erhöhung in Höhe von 3,01 Prozent, mindestens jedoch eine Erhöhung um 100 Euro
• Zum 1. Januar 2020 werden die Gehälter um ein Gesamtvolumen von 3,2 Prozent erhöht; in diesem Gesamtvolumen sind enthalten die Anhebung der Stufe 1 in den Entgeltgruppen 2 bis 15 um weitere 4,3 Prozent und für die übrigen Stufen in allen Entgeltgruppen eine lineare Erhöhung in Höhe von 3,12 Prozent, mindestens jedoch eine Erhöhung um 90 Euro
• Eine weitere Erhöhung der Gehälter zum 1. Januar 2021 um ein Gesamtvolumen von 1,4 Prozent; in diesem Gesamtvolumen sind enthalten die Anhebung der Stufe 1 in den Entgeltgruppen 2 bis 15 um 1,8 Prozent und für die übrigen Stufen in allen Entgeltgruppen eine lineare Erhöhung in Höhe von 1,29 Prozent, mindestens jedoch eine Erhöhung um 50 Euro.
• Die monatlichen Ausbildungsentgelte der Auszubildenden und die Tarifentgelte der Praktikantinnen und Praktikanten werden wie folgt erhöht: Zum 1. Januar 2019 um einen Festbetrag in Höhe von 50 Euro, zum 1. Januar 2020 um einen weiteren Festbetrag in Höhe von 50 Euro. Der Urlaubsanspruch erhöht sich um einen Tag auf 30 Urlaubstage.
• Für den Sozial- und Erziehungsdienst der Länder hat die GEW ihre Forderung durchgesetzt, die Bezahlung auf das Niveau des kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes anzuheben. Die Angleichungszulage für 50 000 angestellte Lehrkräfte steigt um 75 Euro auf 105 Euro im Monat.
Am vergangenen Samstag wurde spät abends das Verhandlungsergebnis zur Tarifrunde des öffentlichen Dienstes der Länder verkündet. Über das Ergebnis und den vorausgegangenen Arbeitskampf sprach die UZ mit Lea Lossdörfer. Lea ist seit Februar 2018 Ergotherapeutin am Universitätsklinikum Essen.
UZ: Wie ist dein erster Eindruck, jetzt, wo der Abschluss vorliegt?
Lea Lossdörfer: Ökonomisch ist das der beste Tarifabschluss im Bereich der Länder seit langer Zeit, außerdem wurden im Jugendbereich im Wesentlichen alle Forderungen umgesetzt. Eingrenzend muss man sagen, dass mich die sehr lange Laufzeit von 33 Monaten unzufrieden macht. Kämpfen will nun mal gelernt sein, nun gibt es erst mal 33 Monate keine Möglichkeit, auf den Erfahrungen aufzubauen.
UZ: Du bist in deinem Betrieb in der Jugendvertretung. Viele Auszubildende aus ganz Deutschland und natürlich auch aus Essen sind wie du nach Potsdam zum Auftakt der Tarifverhandlungen gefahren. Wie ist der Abschluss aus Sicht der Auszubildenden zu bewerten?
Lea Lossdörfer: Zunächst mal sind 100 Euro und ein Urlaubstag mehr bis 2020 ein gutes Ergebnis, aber eigentlich müsste auch 2021 noch mal eine Erhöhung für Auszubildende her. Wichtig ist für uns im Betrieb vor allem, dass sozusagen als Nebengeräusch die Nachverhandlungen über den Tarifvertrag der bisher unbezahlten schulisch-betrieblichen Auszubildenden endlich abgeschlossen sind. Damit bekommen nun unsere Kolleginnen und Kollegen mit zwei Monaten Verspätung ihr jahrelang erkämpftes Gehalt endlich ausgezahlt. Skandalös bleibt, dass mit den medizinischen Bademeistern und Masseuren eine ganze Berufsgruppe weiterhin in der Ausbildung keinerlei Bezahlung erhält.
UZ: Die Kolleginnen und Kollegen der Uni-Klinik in Essen haben noch vor wenigen Monaten lange im Arbeitskampf gestanden und über zwölf Wochen für einen Tarifvertrag Entlastung gestreikt. Machte sich das in dieser Tarifrunde bemerkbar?
Lea Lossdörfer: Man merkt schon, dass der Streik letztes Jahr den Kolleginnen und Kollegen noch in den Knochen steckt, und auch, dass viele im Betrieb frustriert sind, weil die erkämpften Verbesserungen bisher kaum spürbar sind. Der Ärger richtet sich dabei oft auch gegen die Gewerkschaft statt gegen den Arbeitgeber. Da gelingt es uns auch nicht immer zu vermitteln, warum die Probleme nicht durch ver.di entstehen.
Gleichzeitig gab es aufgrund der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit eine Forderung nach 300 Euro Erhöhung in der Pflegetabelle – 120 Euro monatlich sind es am Ende geworden. Das ist vor dem Hintergrund, dass der Tarifvertrag sowieso schon ein recht gutes Ergebnis beim Gehalt erzielt, eine starke Steigerung für diese Berufsgruppe. Gleichzeitig ist es natürlich ärgerlich, dass hier nur die Pflege betont wurde, obwohl wir im Entlastungskampf immer wieder betont haben, dass es um alle Berufsgruppen in Krankenhäusern geht. Außerdem wäre wohl auch etwas mehr drin gewesen, schließlich muss der Arbeitgeber mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz Tariferhöhungen im Pflegebereich seit dem 1. Januar 2019 gar nicht mehr selbst bezahlen.
UZ: Mit größeren Streiks im Bereich Soziales und Erziehung und in Krankenhäusern sind seit 2015 Arbeitskämpfe auch stärker in klassischen „Frauenberufen“ angekommen – wie ist das zu bewerten?
Lea Lossdörfer: Es handelt sich bei diesen „Frauenberufen“ oft um besonders prekäre Berufe, deren Rahmenbedingungen durch den Staat besonders stark angegriffen werden – schließlich kann man an Gesundheit und Erziehung wunderbar sparen, weil sie die Kasse bei MaffeiKraus Wegmann, Siemens und Co. eben nicht so sehr klingeln lassen wie der massenhafte Verkauf von Panzern nach Saudi-Arabien. Es gibt also von staatlicher Seite immer weniger Geld, während außerdem immer weiter privatisiert und ökonomisiert wird. Die eh schon prekären Bedingungen werden also seit 20, 30 Jahren immer schlechter.
Gleichzeitig hat vor allem ver.di in den letzten gut zehn Jahren viel Energie darein gesteckt, diese Bereiche zu organisieren und ans Kämpfen zu bringen. Mit den ersten erfolgreichen Auseinandersetzungen haben die Menschen gemerkt: Nur wer sich wehrt, kann dem Trend etwas entgegensetzen. Trotzdem muss man natürlich sagen, dass noch viel zu wenige Kämpfe geführt und auch viel zu wenig gewonnen werden: Von den über 2 000 Krankenhäusern in Deutschland haben bisher zum Beispiel nicht einmal 20 eine Entlastungsregelung erkämpft. Es fehlt bisher auch oft an gemeinsamer Aktion: Wir lassen uns noch zu oft durch die Spaltung von den Arbeitgebern schlagen. Da ist unser enger Kontakt mit der Uniklinik Düsseldorf natürlich etwas, das Mut macht. Mut macht aber vor allem, dass auch an der Uniklinik Köln die Beschäftigten den Schritt zu wirksamen Streiks gegangen sind
UZ: Wie ist die Form des gewerkschaftlichen Kampfes in der aktuellen Tarifrunde einzuordnen?
Lea Lossdörfer: Insgesamt waren in der aktuellen Tarifrunde mehr Leute im Streik als in früheren, aber immer noch deutlich weniger als 10 Prozent der Beschäftigten, die vom Tarifvertrag der Länder betroffen sind. Trotzdem kann man es als Erfolg bewerten, dass immer mehr Methoden der Organisierung angewendet werden und die Streiks insgesamt beteiligungsorientierter werden. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass mehr Beschäftigte auf Kundgebungen und Demonstrationen zu Wort kommen und dafür weniger von den Hauptamtlichen kommt. Wir stehen aber immer noch am Anfang, sowohl was unsere Stärke als auch was unsere Methodik angeht. Es bleibt viel zu tun!