Das Erste, was ein angehender Journalist in der Journalistenschule lernt, ist der sorgfältige Umgang mit Quellen. Aus welchem Blickwinkel berichtet eine Quelle? Welche Interessen könnten Personen oder Institutionen leiten, die Journalisten Auskunft geben?
Jeder Journalistenschüler bekommt das Prinzip der Quellenvielfalt als grundlegende Basis jeglicher Berichterstattung eingehämmert. Quellenvielfalt bedeutet, dass eine Nachricht von mindestens zwei voneinander unabhängigen Quellen bestätigt werden muss, bevor sie publiziert werden darf. Je schwerer Vorwürfe wiegen, desto wichtiger wird die Quellenvielfalt. Die Landespressegesetze verpflichten Journalisten, sämtliche Nachrichten vor ihrer Veröffentlichung auf Echtheit zu überprüfen – die viel zitierte „journalistische Sorgfaltspflicht“.
Ob die Redakteure beim „Spiegel“ und „Bayerischen Rundfunk“ je eine Journalistenschule von innen gesehen haben? Die Frage drängt sich auf, wenn man deren, nun ja, „Berichterstattung“ über die „Xinjiang Police Files“ auswertet.
Diese Datensätze sollen von einem „anonymen Hacker“ stammen. Ist wenigstens den Chefredakteuren bekannt, wer das ist, woher der kommt, wie er seine Fähigkeiten erworben hat, was ihn motiviert, wer ihn bezahlt? Adrian Zenz hat die Daten an die Presse übermittelt. Der wird den Lesern knapp als „deutscher Anthropologe“ und „Chinaexperte“ vorgestellt. Ein paar Minuten Online-Recherche reichen aus, um festzustellen: Dieser evangelikal verblendete Pseudowissenschaftler wird von antikommunistischen Think-Tanks und fragwürdigen Bibelschulen finanziert. Ein einziges Mal war er in Xinjiang. 2007, als Tourist. Immer wieder wurden Behauptungen von ihm über den Umgang der chinesischen Zentralregierung mit der uigurischen Minderheit widerlegt. Nicht nur von staatlichen Stellen in China, auch von Sinologen an Hochschulen in Europa. Starke Indizien also, Zenz als unzuverlässige Quelle einzustufen und alles, was von ihm kommt, besonders sorgfältig zu überprüfen. Umso mehr, als Zenz die chinesische Regierung gleich des Genozids bezichtigt.
Doch was so wunderbar in das verschrobene eurozentristische Weltbild vieler Redakteure bürgerlicher Medien passt und politisch erwünscht ist, wird gerne geglaubt.