China feiert Neujahrsfest – westliche „Experten“ kritisieren zu niedrige Preise

Sorgen, die wir gerne hätten

In seiner Funktion als Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) begrüßte Xi Jinping beim Neujahrsempfang seiner Partei in Peking das neue Jahr und blickte erst einmal zurück. Auf dem Weg, China zu einem modernen sozialistischen Land aufzubauen, sei man trotz Schwierigkeiten und Herausforderungen ein gutes Stück vorangekommen, so Xi. Er sprach von einem „außerordentlich komplexen internationalen Umfeld“ und schwierigen Aufgaben bei der Förderung von Reformen und Entwicklung bei gleichzeitiger Wahrung der Stabilität.

Im neuen Jahr, dem „Jahr des Drachen“, steht der 75. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik Chinas bevor. Ein Drache steige in den Himmel auf, aber Chinas Entwicklung müsse auf dem Boden bleiben, war in einem Leitartikel der chinesischen Zeitung „Global Times“ zu lesen. Trotzdem blicken sowohl Xi Jinping als auch die „Global Times“ mit Zuversicht auf das neue Jahr. Anders als die Medien hierzulande, die für die Volksrepublik eine düstere Zukunft voraussagen. Chinas Wirtschaft schwächele, stecke in einer tiefen Krise – so der Tenor. Die Zahlen weisen in eine andere Richtung: Der Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt Chinas wird für 2023 offiziell mit 5,2 Prozent beziffert. Damit hat das Land zum weltweiten Wirtschaftswachstum mehr beigetragen als die USA, Europa und Japan zusammengenommen. Die Bedeutung der Volksrepublik für die Weltwirtschaft nimmt also weiter zu.

Prognosen, die Volksrepublik stehe vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch, wurden in der Vergangenheit gerne und oft wiederholt. US-Präsident Joe Biden sprach angesichts des niedrigen chinesischen Wachstums im vergangenen Jahr sogar von einer „tickenden Zeitbombe“.

Eine tiefgreifende Gefahr für die chinesische Wirtschaft bestehe in der aktuellen Deflation, schrieb in der vergangenen Woche auch „Spiegel online“. Die Verbraucherpreise seien im Januar zum vierten Mal in Folge gesunken, was eine „verheerende Abwärtsspirale“ in Gang setzen könne, wenn sich die Bevölkerung mit Konsum zurückhalte. Angesichts steigender Löhne und sinkender Preise dürften die Sorgenfalten bei der chinesischen Bevölkerung jedoch weniger tief ausgeprägt sein als bei westlichen „Chinaexperten“.

Besonders aufmerksam wurde die Abwicklung des Hongkonger Immobilienkonzerns Evergrande verfolgt, der in ganz China tätig ist. Der Konzern war in Schwierigkeiten geraten, weil der Boom auf dem chinesischen Wohnungsmarkt nach langen Jahren stetig steigender Preise ein Ende gefunden hat. Die staatliche Förderung von Wohnungskäufen – vor allem zur eigenen Nutzung – hatte die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt hochgehalten und das trotz der Preissteigerungen, die immer wieder weit über den Lohnzuwächsen lagen.

In vielen Städten gibt es inzwischen ein Überangebot an Wohnraum. Die Bautätigkeiten gehen deshalb zurück. Die Gesamtinvestitionen für die „Entwicklung von Immobilien“ sanken nach offiziellen Angaben im vergangenen Jahr auf 11 Billionen Yuan (1,4 Billionen Euro), ein Rückgang von 9,6 Prozent gegenüber 2022. Die chinesische Regierung hat bisher darauf reagiert, indem sie versucht hat, die inländische Nachfrage zu stabilisieren. Sie hat darüber hinaus tiefgreifende Veränderungen angekündigt. Dazu gehört, die Befugnisse der Städte zu stärken, damit diese eine Wohnungspolitik entsprechend der lokalen Bedürfnisse durchführen können.

Und welche Auswirkungen hat die Pleite von Evergrande auf den Wohnungsmarkt in China? Die an der Hongkonger Börse notierte Holding hat Kapital eingesammelt und ist nicht identisch mit den Gesellschaften, die auf dem Festland tätig sind. Die österreichische Zeitung „Der Standard“ vermutet, dass sich „Offshore-Gläubiger“ nach der Abwicklung von Evergrande „eher hinten anstellen“ und Verluste hinnehmen werden müssen. Eine mögliche Konsequenz wäre, dass ausländische Investoren, die bisher über Hongkong auf dem chinesischen Festland investiert haben, sich weiter zurückziehen. Auf die Bauprojekte des Konzerns in China dürfte die Pleite dagegen keinen direkten Einfluss haben.

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"Sorgen, die wir gerne hätten", UZ vom 16. Februar 2024



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