Ann-Sophie (21), Dominik (26), Nele (20) und Saskia (21) machen an der Uniklinik Essen eine Ausbildung der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. UZ sprach mit ihnen bei der Demonstration in Düsseldorf.
UZ: Wie war es für euch heute zu sagen: Ich gehe jetzt raus?
Nele: Schwer.
Saskia: Sehr schwer. Ich saß auf Station und wollte eigentlich arbeiten gehen, und dann wurde ich mitgerissen und die anderen haben gesagt: Komm‘ mit, das ist ne gute Sache. Ich dachte eigenlich, ich gehe arbeiten, und dann haben alle gesagt: Du bist vollkommen bescheuert.
UZ: Das klingt unfreundlich …
Saskia: Nein, das war so gemeint: Tu was, tu was für uns, wir haben alle was davon.
UZ: Aber trotzdem musstest du ja zum Chef gehen und sagen: Ich bin jetzt weg.
Saskia: Kein Problem.
UZ: Kein Problem?
Nele: Man macht sich natürlich schon Gedanken, wie das so ist, wenn die Station unbesetzt ist, da hat man schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen. Aber im Endeffekt ändert sich ja nichts, wenn wir das jetzt nicht machen. Wenn wir immer wieder brav zur Arbeit gehen, dann bleibt das einfach so. Da haben wir uns heute alle mal gedacht, wir gehen.
Dominik: Das ist ja auch nicht so einfach – wir arbeiten ja mit Menschen, da ist immer ein Zwiespalt. Die Klinikleitung hat eine Notbesetzung festgelegt für unsere Station, da konnten wir nur lachen – was die Notbesetzung nennen, ist das, was wir tagtäglich als normale Besetzung haben.
Ich arbeite im Moment auf einer Station, wo wir ab 16 Uhr und am Wochenende ganztags für die Notfallambulanz zuständig sind. Da kommen schwangere Frauen mit Blutungen, Vergewaltigungsopfer, und wir sind zu zweit. Und wir müssen 30 Patienten versorgen. Da muss man sich dann durchringen und auf die Straße gehen, weil die Regierung sonst mit einem macht, was sie will.
UZ: Für euch ist auch so eine Demo hier etwas Neues, oder?
Nele: Das ist neu und mal ganz spannend anzusehen. Das macht mehr Spaß als erwartet, wie wir hier durch die Stadt gezogen sind. Auf Station kriegt man zwar den Notstand mit, aber alle finden sich irgendwie damit ab, weil es schon so lange so ist. Da ist es vielleicht jetzt echt mal ganz gut, dass man mitbekommt, dass wirklich viele bereit sind, auch mal zu kämpfen. Das ist ansteckend hier, weil wir alle für die gleichen Sachen kämpfen, und man merkt, dass man mit seinen Gedanken nicht so alleine ist.
UZ: Was erhofft ihr euch von dem Streik?
Nele: Mehr Arbeitskräfte. Ich finde das auch für unsere Ausbildung wichtig. Wir werden schon gut ausgebildet, aber die Stationen sind immer unterbesetzt. Da gibt es wenige Situationen, in denen uns wirklich etwas erklärt oder gezeigt werden kann. Man beeilt sich, macht tagtäglich das Notwendigste, aber dadurch lernt man halt nichts.
UZ: Wenn jetzt die Gesundheitsminister mitkriegen, was ihr fordert – was glaubt ihr, wie sie darauf reagieren?
Dominik: Mit Spott wahrscheinlich. Die werden schon wissen, was auf den Stationen los ist.
Ann-Sophie: Ich denke, da wird irgendeine Floskel kommen, damit wir uns beruhigen, und am Ende wird nicht wirklich was passieren.
UZ: Was bringt dann der Streik, wenn die Politiker doch nichts machen?
Nele: Heute werden ja schon viele Behandlungen gestrichen, ich glaube schon, dass das Aufmerksamkeit erlangen wird. Dadurch, dass alle einfach immer so weiterarbeiten und sich überarbeiten, kommt das nicht so stark an die Öffentlichkeit. Ich meine, wie lange halten es heutzutage Leute in der Pflege aus? Dass jemand das sein ganzes Leben lang macht, ist bei den heutigen Zuständen undenkbar. Also, irgendwann kann man einfach nicht mehr.
Ann-Sophie: Wenn es heute nichts bringt, heißt das ja nicht, dass man jetzt aufhören muss. Wir können noch mal auf die Straße gehen und immer wieder, und irgendwann wird es auch was bringen.