Widerstand gegen Aufweichen von arbeitsfreien Tagen

Sonntags shoppen?

Von Volker Metzroth

Die Auseinandersetzungen um den freien Sonntag nehmen zu. Es formiert sich zunehmend Widerstand dagegen, den Sonntag in einen normalen Arbeitstag für fast alle umzuwandeln, wobei die obersten Gerichte hier positiv urteilen. Zugleich nehmen die Sonntagsöffnungen im Einzelhandel zu, wenn es lokal keinen Widerstand gibt. Die Rechtslage dürfte den Kommunen längst bekannt sein. Aber nach dem Motto: wo kein Kläger, da kein Richter, sind viele den Einzelhandelskonzernen zu Diensten auch in der Hoffnung, die eigenen Kassen etwas zu Lasten der Nachbarschaft füllen zu können. Drei Beispiele vom 2. April zeigen Aktion, Erfolg, aber auch Missachtung von Gerichtsurteilen.

Erfolg in Hessen

Das hessische Weiterstadt ist seit Jahren ein Zentrum der Auseinandersetzungen. Dort gibt es weit außerhalb der Stadt das Einkaufszentrum Loop 5, u. a. mit dem Möbelhaus Segmüller, dessen Eigner seinen offensichtlichen Einfluss auf die SPD-geführte Stadtverwaltung hier immer wieder geltend macht. Nach den erfolgreichen Klagen von ver.di und der evangelischen Kirche, da die gesetzlich geforderte Anlassbezogenheit fehlte, versuchte man, eben Anlässe zu schaffen. So z. B. mit einer „Gesundheitsmesse“ in einem 400 m² großen Zelt. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt aber u. a., dass der Anlass selbst mehr Menschen anziehe als alleine die Geschäftsöffnung, auch dass ein räumlicher Zusammenhang bestehe.

Für den 2. April hatte Weiterstadt eine Sonntagsöffnung anlässlich eines Automobilsalons genehmigt, wogegen geklagt wurde. In der ersten Instanz mit einen Teilerfolg. Die Geschäfte im Umfeld hätten öffnen dürfen, die im Gewerbegebiet nicht. Dagegen ging die Stadt in Berufung. Ergebnis: Der hessische Verwaltungsgerichtshof untersagte sämtliche Öffnungen.

Allianz gegen Sonntagsarbeit in Rheinland-Pfalz

Zwar gelten in Rheinland-Pfalz auch höchstrichterliche Urteile, da aber im Gesetzestext der Anlassbezug fehlt, glauben viele Kommunalverwaltungen, bis zu vier Sonntagsöffnungen einfach so genehmigen zu können. Dagegen klagte ver.di anlässlich einer Sonntagsöffnung in Worms. Man erwartet, dass das Bundesverwaltungsgericht noch 2017 darüber grundsätzlich entscheiden wird.

Nicht auf ein Urteil wartend, organisiert die vor zwei Jahren gegründete lokale Allianz für den freien Sonntag in Bad Kreuznach politischen Protest dagegen, dass Verkäuferinnen und Kassiererinnen, denn betroffen sind zumeist Frauen, am 2. April arbeiten sollen. Am 31. März, zwei Tage vor dem Shoppingrummel, gingen haupt- und ehrenamtliche Gewerkschafter von DGB, ver.di und weiteren Gewerkschaften sowie Geistliche und Laien der großen Kirchen und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung gemeinsam auf die Straße. „Sonntags shoppen? Kommt nicht in die Tüte!“, stand auf 500 Einkaufstüten aus Baumwolle, die von rund 25 Beteiligten an Passanten und Passantinnen verteilt wurden, „gefüllt“ mit einem Flugblatt der Allianz. An diesem Freitagnachmittag war die Resonanz weit überwiegend positiv. Die Allianz weist immer darauf hin, dass es nicht „nur“ um vier Sonntage gehe, sondern um die Verhinderung der sukzessiven Umwandlung des Sonntags zum Arbeitstag.

Polizeieinsatz in Niedersachsen

Dass einige Unternehmer glauben, allein was ihnen nütze, sei Recht und Gesetz, den Eindruck gewinnt man nach Presseberichten aus dem niedersächsischen Garbsen. Dort klagte ver.di erfolgreich gegen eine Sonntagsöffnung, was aber u. a. das Möbelhaus Hesse und den Herrenausstatter Maica nicht davon abhielt, ab 13.00 Uhr zu öffnen. Die von ver.di herbeigerufene Polizei weigerte sich, Hesse zu schließen, da es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handele. Selbst der juristische Laie schüttelt da ungläubig den Kopf. ver.di kündigte an, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten zu lassen und nötigenfalls zu klagen.

Auch bezüglich von Sonntagsöffnungen bestätigt sich die gewerkschaftliche Erfahrung, dass Schutzrechte zweimal durchgesetzt werden müssen: zum einen gesetzlich oder per Tarifvertrag, zum anderen dann in der Praxis; denn viele Unternehmer, aber auch Kontroll- und Genehmigungsbehörden, reagieren nur dann, wenn es betrieblichen und öffentlichen Druck gibt.

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"Sonntags shoppen?", UZ vom 14. April 2017



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