… in der Nachbarschaft, mit den „Heinze-Frauen“ und gegen den Paragraphen 218. Ein Nachruf auf Marianne Konze

Solidarität war ihre Stärke …

Ursula Möllenberg

Marianne Konze lebt nicht mehr. Mit ihr verliert die DKP, verliert die demokratische Bewegung eine herausragende Kämpferin für Frieden und Frauenrechte.

Marianne wurde 1929 in Triebes in Thüringen geboren, als Älteste von drei Arbeiterkindern. Ihr Vater stand im Widerstand gegen den Faschismus. Seit 1934 saß er zunächst im KZ, später war er im sogenannten Strafbataillon 999 inhaftiert. Entgegen den Absichten der Machthaber überlebte er. Von einem Nachbarsjungen informiert, fand Marianne ihn nach Kriegsende in der Nähe der Wohnung in einem Straßengraben. Gemeinsam mit der Mutter brachte sie ihn auf einem Handwagen nach Hause. Diese Erfahrungen prägten Marianne wie auch die Beobachtungen während des deutschen Faschismus.

Sie sah die Schinderei von weiblichen KZ-Häftlingen, die halbverhungert, in Lumpen und ohne Schutz gegen die Kälte, in Kolonnen zum Arbeitseinsatz getrieben wurden. Von Marianne zur Rede gestellt, gab die Lehrerin zur Antwort: „Die spürten Kälte und Hunger nicht so“, weil es keine Menschen wie sie seien, sondern nur Russen. Marianne sah die Leiden und Tränen ihrer Mutter während der Schwangerschaft mit ihrem dritten Kind und erlebte, dass sich Freunde und Nachbarn fernhielten, weil Familien von Inhaftierten unter Beobachtung standen. Marianne zog die Konsequenz und trat früh in die KPD ein. Sie war unversöhnlich gegen Krieg und Faschismus und wurde aktiv gegen Armut und Ausbeutung, vor allem für die Rechte der Frauen und die der Kinder.

In der DDR lernte sie den Beruf der Verkäuferin im Jugendverkauf. Anfang der 50er Jahre trat der Kokereiarbeiter und Gewerkschafter Robert Konze in ihr Leben – ihr „Robby“. Sie folgte ihm bald nach Westdeutschland, ins Ruhrgebiet. Robert, ebenfalls KPD-Mitglied, war tief in seine politische Arbeit involviert, Marianne fand keine Arbeit in ihrem Beruf und wurde bald schwanger. In dieser Zeit lernte sie die starke Solidarität und Hilfsbereitschaft der Genossinnen und Genossen und der Arbeiternachbarschaft in der neuen Heimat kennen. Besonders wichtig war das nach dem Verbot der KPD 1956. Kommunisten wurden verfolgt und inhaftiert – auch Robert wurde mehrfach verhaftet. Die Erfahrung, zusammenzustehen und die umstandslose Hilfsbereitschaft und Solidarität des Umfeldes prägten Marianne bis ins hohe Alter. Sie kümmerte sich in der DKP viel um alte und kranke Genossen – und nach 1989 gab sie verzagten und verunsicherten Genossen und Freunden neue Kraft.

0313 04 - Solidarität war ihre Stärke … - DRK, Frauenbewegung, Friedensaktivistin, Marianne Konze, Nachruf, Paragraph 218 - Politik
DKP-Aktion 1983 vor dem Kanzleramt in Bonn: Marianne Konze übergibt mit weiteren Genossinnen und Genossen Unterschriften gegen Kürzungen beim Mutterschutz. (Foto: Manfred Scholz)

Marianne Konze arbeitete im Demokratischen Frauenbund Deutschlands, war an der Gründung der westdeutschen Frauenfriedensbewegung in Recklinghausen beteiligt und aktiv in der Bewegung gegen Paragraph 218. Stark engagierte sie sich in der Werbung von Kindern armer Familien für die Aktion „Frohe Ferien für alle Kinder“ für Ferienfahrten in die DDR. Solidarisch reihte sie sich in den Kampf der „Heinze-Frauen“ in Gelsenkirchen, die monatelang für gleichen Lohn für gleiche Arbeit in einem großen Fotolabor kämpften – und am Ende erfolgreich waren. Da war sie längst die Leiterin der Abteilung Frauenpolitik beim Parteivorstand der DKP in Düsseldorf.

Für Marianne Konze war Frauenunterdrückung kein „Nebenwiderspruch“, da war sie auch mit ihrer Partei oft nicht zufrieden. Ihre Arbeit als Verantwortliche für Frauenpolitik in der 1968 gegründeten DKP sowie im Parteivorstand zählt wohl zu ihren wichtigsten Lebensabschnitten. Unter ihrer Verantwortung erarbeitete die DKP 1975 ein Frauenprogramm – das erste der Bundesrepublik überhaupt. Sie bekam die Gelegenheit zu Reisen in die UdSSR, nach Kuba und Südamerika, hatte dort interessante Begegnungen und konnte wichtige Kontakte zu außergewöhnlichen Persönlichkeiten knüpfen – zum Beispiel zu Valentina Tereschkowa, der ersten Frau im All.

Auch später hat sie sich mit kaum nachlassender Energie für die Entwicklung der DKP und den Erhalt der Partei in Gelsenkirchen eingesetzt. Unermüdlich hat sie Kontakte gepflegt und versucht, neue zu knüpfen, was nach 1989 alles andere als leicht war. Sie war eine Netzwerkerin im besten Sinne. Über die vormals vergleichsweise einflussreiche Zeit der Kommunisten in Gelsenkirchen hinaus waren Marianne und ihr Mann Robert, der 2020 verstarb, anerkannt und respektiert.

Marianne Konze starb am 16. Dezember 2024. Wir werden ihr Andenken weitertragen und dabei stets beherzigen, was sie über ihre Erfahrungen in der jungen DDR sagte: „Die Menschen wurden durch entsprechende Hilfestellung in der jungen DDR klüger und menschlicher.“ Das soll auch unsere Richtschnur für unseren Kampf hier und heute sein und bleiben.

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"Solidarität war ihre Stärke …", UZ vom 17. Januar 2025



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