Mit Protesten und Solidaritätserklärungen haben zahlreiche fortschrittliche Organisationen in Venezuela und weltweit auf die juristische Kaperung der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) durch die Staatsführung reagiert. Am 12. August hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass die Führung der Partei einer Gruppe von Personen übergeben wird, die gegen die angebliche Verletzung ihrer Rechte als Mitglieder geklagt hatten. Als neuer „Vorsitzender“ wurde Henry Parra eingesetzt, der bereits 2021 öffentlich mit der Partei gebrochen hatte und daraufhin aus der PCV ausgeschlossen worden war. Als „Generalsekretär“ benannte der Gerichtshof Sixto Rodríguez, der die PCV bereits vor mehr als zehn Jahren verlassen hatte.
Durch das Gerichtsurteil haben diese Leute das Recht, im Namen der Partei Erklärungen abzugeben und Entscheidungen über Wahlteilnahmen zu treffen. Prompt teilte Parra über Twitter mit, dass man in den „Großen Patriotischen Pol“ – das Bündnis um die Regierungspartei PSUV – zurückkehren werde, um die Wiederwahl von Präsident Nicolás Maduro zu unterstützen. Das war und ist der eigentliche Grund für das juristische Manöver, dessen treibende Kraft PSUV-Vizechef Diosdado Cabello gewesen ist. Es ging darum, die PCV als bekannteste linke oppositionelle Kraft auszuschalten.
Venezuelas Kommunisten hatten von Anfang an die ursprünglich von Hugo Chávez geführte „Bolivarische Revolution“ unterstützt. Auch nach dessen Tod 2013 blieb die PCV an der Seite seines Nachfolgers Maduro, den sie auch bei der Präsidentschaftswahl 2018 noch unterstützte. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte die Partei die widersprüchliche Politik des Staatschefs kritisiert, dem sie ein zunehmendes Abdriften in den Neoliberalismus vorwirft. Um die Allianz zu bewahren, hatten die PCV und die PSUV deshalb im Vorfeld der Wahl ein gemeinsames Grundsatzpapier unterzeichnet, das unter anderem eine kollektive Führung des revolutionären Prozesses vorsah. Umgesetzt wurde davon nichts. Stattdessen buhlte Caracas um die Akzeptanz durch die USA und die EU und söhnte sich mit Teilen der rechten Opposition aus. Ohne öffentliche Debatte wurden staatliche Unternehmen privatisiert, während protestierende Gewerkschafter verfolgt und inhaftiert wurden.
Nach dem Schlag der Richter gegen ihre Partei wollen Venezuelas Kommunisten nicht aufgeben. Sie kündigten an, das Gebäude des Zentralkomitees, das Cantaclaro-Theater in Caracas, „um jeden Preis“ verteidigen zu wollen. Zudem werde man eine Million Unterschriften sammeln, um auch ohne zugelassene Partei mit einem eigenen Kandidaten an der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr teilnehmen zu können. Zahlreiche Basisgruppen der Partei haben sich mit Statements zu Wort gemeldet, dass sie nur die beim XVI. Parteitag im vergangenen Jahr gewählte Parteiführung um Generalsekretär Oscar Figuera anerkennen. Statements bestehender Strukturen zugunsten der vom Obersten Gerichtshof eingesetzten Spitze wurden nicht bekannt. Parra reagierte darauf mit Drohungen: Wer die neue Führung nicht anerkenne, habe sich „außerhalb der Partei“ gestellt. Tatsächlich geht es ihm und der Regierung nicht um die Organisation, sie wollen lediglich den Namen der ältesten Partei Venezuelas missbrauchen, um anhaltende Unterstützung für die Regierungspolitik vorzugaukeln. Opfer solcher Übergriffe waren in der Vergangenheit bereits andere linke Gruppen wie PPT, Podemos und Tupamaros, aber auch rechte Oppositionsparteien wie AD und Copei geworden.
International haben sich die Kommunistischen Parteien hinter die angegriffenen Genossinnen und Genossen gestellt. In Mexiko besetzten Mitglieder der dortigen KP vorübergehend die Räume der venezolanischen Botschaft, um ein Zeichen gegen die Illegalisierung der PCV zu setzen. Solidaritätserklärungen kamen auch aus Bolivien, Uruguay, Argentinien, Luxemburg, Österreich, Spanien und vielen anderen Ländern. Die DKP stellte fest: „Durch den Angriff der Maduro-Regierung auf die Kommunistische Partei schwächt sie sich letztendlich selbst. Sie schwächt auch ihren eigenen Stand gegen Angriffe und Sanktionen des Imperialismus.“