Anfang Dezember reisten der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele und Petra Wegener, Mitglied der Internationalen Kommission des Parteivorstandes, nach Kuba. UZ sprach mit Köbele über den Anlass der Reise, die Auswirkungen der Blockade und die Solidarität mit dem sozialistischen Kuba.
UZ: Patrik, du warst gerade auf Einladung der dortigen Kommunistischen Partei in Kuba. Was war der Anlass?
Patrik Köbele: Die Einladung wurde uns nach dem letzten internationalen Meeting der Kommunistischen und Arbeiterparteien übermittelt. Konkreter Anlass, das Treffen jetzt durchzuführen, war, dass wir Solidaritätsspenden der DKP übergeben konnten, die wir für die Kommunistische Partei gesammelt hatten. Zudem haben wir eine Vereinbarung mit der Kommunistischen Partei Kubas zur weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Parteien unterzeichnet.
UZ: Kuba leidet wie noch nie unter den Auswirkungen der mörderischen Blockade. Stromausfälle, geplante und vor allem auch ungeplante, schaffen es selbst in die deutschen Medien. Was war dein Eindruck von der Situation vor Ort?
Patrik Köbele: Die Situation ist ungeheuer schwierig. Da sind natürlich vor allem die Stromausfälle, die wir auch dauernd miterlebt haben. Man saß in einem Treffen und das Licht ging einfach aus. Wir waren in der Klinik Rosa Luxemburgo, also der Klinik, die die DKP aufgebaut hat und die für Kinder mit psychischen und physischen Problemen da ist, und mussten dort miterleben, wie die Zahnärztin nicht tätig sein konnte, weil ein Stromausfall war. Das war für mich sehr bedrückend mitzubekommen, wie direkt eben auch Kinder von der Blockade betroffen sind. Das geht schon wirklich ans Herz.
UZ: Die Situation hat sich also deutlich verschärft?
Patrik Köbele: Die Genossinnen und Genossen sagen selber, dass die Situation jetzt möglicherweise noch schwieriger ist, als sie in der Periodo Especial war. Also nach der Konterrevolution in der Sowjetunion und in den europäischen sozialistischen Ländern und dem damit verbundenen Zusammenbruch des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) und der ökonomischen Beziehungen zu Kuba. Die US-Behörden haben die Schlinge nochmal mehr zugezogen. Und obwohl in der Vollversammlung der Vereinten Nationen die Blockade mit 187 zu 2 Stimmen verurteilt wird – Regierungen wie diese feigen EU-Regierungen tun nichts dagegen und lassen letzten Endes zu, dass die ökonomische Erdrosselung Kubas immer stärker wird. Und das, obwohl sie selber dagegen abstimmen.
UZ: Kannst du weitere Auswirkungen der Blockade nennen?
Patrik Köbele: Mit der Blockade wird natürlich auch versucht, das Land auszubluten. Viele Menschen, gerade junge und gut ausgebildete Menschen, glauben aufgrund dieser Situation keine Perspektive mehr zu sehen und wandern aus Kuba aus. Gleichzeitig führt die Blockade dazu, dass die Inflation in Kuba nach wie vor grassiert. Das ist auch logisch, wenn man keine Waren mehr importieren kann oder sie nur über Umwege und zu völlig überteuerten Preisen kriegt wegen dieser dreckigen Blockade, dann wirkt sich das logischerweise auch auf die Preise aus. Deswegen ist das Leben für Kubanerinnen und Kubaner ungeheuer schwer. Das haben uns auch alle Genossinnen und Genossen bestätigt.
Man kann eigentlich nur einen Hass kriegen, wenn man das miterlebt. Denn man muss andererseits ja sehen, dass dieses Land in der Corona-Pandemie in der Lage war, eigene Impfstoffe zu entwickeln. Kuba könnte so toll sein, wenn man sie nur ließe. Aber man lässt sie eben nicht, weil man den Sozialismus in Kuba erwürgen will. Und das merkt man an allen Ecken und Enden.
UZ: Von Anfang an war das erklärte Ziel der Blockade, durch Mangel und Hunger dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung sich gegen die Revolution stellt. Durch die hämische Berichterstattung in den deutschen Medien soll man den Eindruck gewinnen, dass das jetzt funktioniert. Was war dein Eindruck davon, wie die kubanische Bevölkerung mit der Situation umgeht?
Patrik Köbele: Ich habe den Eindruck, dass immer noch für die Masse der Menschen völlig klar ist, dass der Hintergrund der dramatischen Situation nicht irgendwie ein Problem des Sozialismus oder ein Problem der Führung, der Regierung oder der Partei ist. Den Menschen ist völlig klar, dass das an der terroristischen Blockade liegt. Das kann ich vielleicht auch an so einer Kleinigkeit belegen. Wir haben teilgenommen an einer Demonstration aus Anlass des 153. Jahrestags der Hinrichtung von acht Medizinstudenten. Ihnen war eine Verstrickung in die Unabhängigkeitsbewegung vorgeworfen worden. An dieser Demo haben große Teile der Staats- und Parteiführung Kubas teilgenommen, also unter anderem auch Miguel Díaz-Canel oder Roberto Morales, der Verantwortliche für Organisationspolitik und damit der zweite Mann im Politbüro. Die beiden waren bei dieser Demo mitten in der Menge, ohne dass sie dort besonders geschützt worden sind, es gab nur ein paar Ordnerinnen und Ordner, wie wenn wir eine Veranstaltung machen. Das belegt doch, dass die Situation völlig anders ist, als sie wahrscheinlich angesichts solch einer wirtschaftlichen Situation in vielen anderen Ländern wäre. Und für mich belegt das auch, dass nach wie vor die Verankerung der Kommunistischen Partei und der Staatsführung in der Bevölkerung groß ist und die Bevölkerung nach wie vor erkennt, dass eben vor allem der US-Imperialismus, aber natürlich auch seine Kumpanen in der EU und anderswo, die Ursache für diese Situation sind.
UZ: An dieser Frage setzt auch die Spendenaktion der DKP an, oder?
Patrik Köbele: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Diese ganze Blockade zielt auch darauf ab, einen Keil zwischen die Bevölkerung und die Partei und die Regierung zu treiben. In dieser Situation haben wir gesagt: Jetzt konzentrieren wir unsere Solidarität auf die Partei, damit sie in der Lage ist, genau diese Spaltung zu verhindern. Um die Bevölkerung zu erreichen, braucht die Kommunistische Partei eine gute Ausstattung mit Informationstechnologie. Das ist eine ungeheuer wichtige Geschichte, und ich bin a) froh, dass wir das gemacht haben, und ich bin b) vor allem auch froh, dass die DKP das, was wir uns als Ziel gesetzt hatten, doch weit, weit übererfüllt hat. Das ist schon eine wichtige Hilfe für den Erhalt der kubanischen Revolution und des kubanischen Sozialismus.
UZ: Wie gehen die kubanische Partei und die Regierung mit der schwierigen ökonomischen Situation um?
Patrik Köbele: Ich halte die Strategie der kubanischen Partei für richtig: Auf einen Weg setzen hin zu einer Energiesouveränität, weg von fossilen Brennstoffen, die man eben am Weltmarkt einkaufen muss und die durch die Blockade noch mal verteuert werden. Lebensmittelsouveränität, das heißt, der Versuch, möglichst die gesamte Bevölkerung durch die eigene Agrarproduktion zu ernähren. Davon ist Kuba leider noch ganz, ganz weit weg und es müssen noch viele Lebensmittel importiert werden. Und drittens die Bekämpfung der Inflation, was aber natürlich mit den ersten beiden Punkten in einem ganz engen Zusammenhang steht. Solange man in der Energiefrage und auch in der Ernährungsfrage vom Weltmarkt – und eben der Blockade – abhängig ist, ist es ungeheuer schwer, die Ökonomie in den Griff zu kriegen.
Das dauert eben auch seine Zeit und man braucht dazu die Mittel. Da ist es ein großes Problem, dass der Tourismus, der eine Haupteinnahmequelle von Devisen ist, noch nicht wieder auf dem Stand von vor der Corona-Pandemie ist. Das hat auch mit der Propaganda in den hiesigen Medien zu tun: Andauernde Stromausfälle, dauernd Hurrikans, dauernd Erdbeben und wahrscheinlich bald Unruhen – wer traut sich denn da noch, nach Kuba zu reisen? Das hat ja auch einen Moment der psychologischen Kriegsführung, der eben auch den Tourismus blockiert.
UZ: Zu eurem Programm vor Ort gehörte auch der Besuch mehrerer Gesundheitseinrichtungen. Wie war dort dein Eindruck?
Patrik Köbele: Wir haben vor allem „unsere“ Kliniken besucht. Die Klinik Rosa Luxemburgo in Cárdenas, in der vor allem Kinder mit Beeinträchtigungen behandelt werden, und in Matanzas die Klinik Ernesto Buschmann, eine normale Klinik, die aber seit Neuestem auch ein Behandlungszentrum für Kinder aus dem Autismus-Spektrum ist. Zudem waren wir in drei Gesundheitszentren, eines davon heißt Tamara Bunke. Alle fünf Einrichtungen sind mit Hilfe der DKP aufgebaut worden und man muss wirklich sagen, sie florieren. Man kann dort sehen, dass Kuba sich trotz aller ökonomischer Probleme ein Gesundheitssystem erhält, das vorbildlich für Entwicklungsländer ist. Ich konnte dort zu den Beschäftigten immer nur sagen: Mensch, erhaltet euch ein Gesundheitswesen, das nicht dem Profit zum Fraß vorgeworfen wird, sonst wäre das alles schon längst dem Boden gleichgemacht.
Und ich bin auf unsere Partei stolz, dass wir das hingekriegt haben und dass wir auch im letzten Jahr noch mal eine große Spendenaktion hatten für die informationstechnologische Ausstattung der Klinik Rosa Luxemburgo. Diese Ausstattung hilft zum Beispiel auch dabei, die Bildung für internationale Ärzte in diesem Bereich der Arbeit mit Kindern mit Beeinträchtigungen zu verbessern, weil man dann eben so Sachen wie Videokonferenzen machen kann. Schon jetzt werden Ärztinnen und Ärzte und Studierende aus allen möglichen Ländern, vor allem Lateinamerikas, ausgebildet – das wird nun einfacher, das ist toll.
UZ: Du hast bei deiner Reise auch Vereinbarungen zwischen der Kommunistischen Partei Kubas und der Deutschen Kommunistischen Partei unterzeichnet. Worum ging es da genau?
Patrik Köbele: Es geht vor allem darum, dass man das hohe Niveau der Zusammenarbeit zwischen unseren Parteien festhält, verstetigt, und weiter ausbaut. Die kubanische Partei hat uns eine hohe Anerkennung entgegengebracht. Die Unterzeichnung der Vereinbarung hat mit Roberto Morales stattgefunden, dem Zweiten Sekretär des Politbüros. Auf der schon erwähnten Demo wurden wir dann explizit auch von Miguel Díaz-Canel, dem Generalsekretär der KP und Präsidenten Kubas, begrüßt. Das hat schon deutlich gemacht, wie wichtig die Kommunistische Partei Kubas die Beziehungen zur DKP einschätzt.
Diese Wärme der Beziehungen zwischen unseren Parteien haben wir an allen Ecken und Enden gespürt. Wir hatten auch noch einige andere Treffen, unter anderem mit dem Kubanischen Institut für Völkerfreundschaft (ICAP) und seinem Präsidenten Fernando Gonzales, der als einer der fünf Helden ja jahrelang im US-Knast gesessen hat. Wir hatten Treffen mit dem Jugendverband, mit dem Jugendinstitut, mit der Universität von Havanna. Es war ein ganz vielfältiges Programm, bei dem wir auch vieles gelernt haben.
Wir hatten viele beeindruckende Begegnungen. So hat zum Beispiel der Genosse, der uns gefahren hat, irgendwann auch ein bisschen seine Geschichte erzählt. Er gehört zu denen, die 1977 von Fidel Castro verabschiedet worden sind, um erst in Äthiopien und dann in Angola mit der Waffe in der Hand internationalistisch zu kämpfen. Er hat damit dazu beigetragen, die Apartheid in Südafrika zu beseitigen. Da muss ich schon ganz ehrlich sagen, das ist natürlich schon eine Ehre, auch von solch einem Genossen durch die Gegend gefahren zu werden.
Der Parteivorstand der DKP hat im September beschlossen, bis zum Jahresende 20.000 Euro für die Solidarität mit der Kommunistischen Partei Kubas zu sammeln. Bereits jetzt haben wir einen Stand von 40.000 Euro erreicht.
17.000 Euro konnten Patrik Köbele und Petra Wegener nun direkt übergeben (auf Grund währungspolitischer Beschränkungen konnte nicht die gesamte Summe mitgenommen werden). Zusätzlich hatten der Vorsitzende der DKP und die Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba noch Medikamente im Wert von 4.000 Euro im Gepäck sowie eine ganze Reihe an Laptops und Handys für die Kommunistische Partei Kubas.