Vor der Corona-Pandemie gab es 28.000 Intensivbetten in Deutschland. Heute sind es 14.000 mehr. Der Gesundheitsminister feiert sich als Krisenmanager, die Kliniken freuen sich über das Bettengeld. Aber wer soll die zu erwartenden Corona-Intensivpatienten betreuen? Intensivpflege heißt fünf Jahre lernen: drei Jahre Pflegeausbildung und zwei Jahre Intensivweiterbildung. Bereits vor der Pandemie fehlten mehr als 3.150 Intensivpflegekräfte und 600 Intensivärzte. Für die zusätzlichen Intensivbetten sind über 1.400 weitere Intensivärzte und 16.000 Intensivpflegekräfte nötig. Stattdessen wurden in einer Schnellbleiche von wenigen Tagen Stationspflegekräfte an Beatmungsgeräten geschult.
Wesentlich ist es, die Attraktivität der Arbeit im Krankenhaus zu erhöhen, mit mehr Einkommen, mehr Freizeit und gesetzlicher Personalbemessung auf wissenschaftlicher Grundlage. Dafür kämpfen die Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Gewerkschaft ver.di in dieser Tarifrunde.
Die politisch Verantwortlichen sperren sich und setzen stattdessen auf ordnungspolitischen Aktionismus: Auf die Vereinzelung des Menschen durch nächtliche Sperrstunden, Alkohol- und Partyverbot draußen und daheim, hunderte Euro Bußgeld für Maskenmuffel, Beherbergungsverbote und Reiseeinschränkungen. Dabei sind die Hotspots ganz andere. Engste Wohnverhältnisse armer Bevölkerungsteile wie in Göttingen oder Berlin-Neukölln und Arbeitsverhältnisse wie bei Tönnies zeigten, dass „Abstand dort nicht einzuhalten ist, wo ungehemmte Renditeerwartungen regieren“ (Dieter Dehm). Hier wird bei Ausbruch abgeriegelt und eingesperrt – zur Not mit Militär.
Kaputtgesparte öffentliche Behörden wie Gesundheits- und Ordnungsämter sind mit der Kontaktpersonennachverfolgung und der Überwachung zum Teil fragwürdiger ordnungspolitischer Maßnahmen überfordert, werden personell aufgestockt. In Stuttgart mit mehr als 10.000 Beschäftigten der Stadtverwaltung – als hätten die nichts anderes zu tun. Und auch hier die Stunde der Bundeswehr. Hunderte sitzen in Uniform in den Gesundheitsämtern oder helfen bei Masstentests. Werden sie als nächstes auch als Streikbrecher in den Kliniken eingesetzt?