So geht Diplomatie

Die Kunst und Praxis des Verhandelns zwischen bevollmächtigten Repräsentanten nennt man Diplomatie. Wenn man im Westen – zumal in Deutschland – lebt und mit „Chefdiplomaten“ vom Typus einer Annalena Baer­bock geschlagen ist, kann man diese Definition schon mal vergessen. Denn im Wertewesten gilt nicht, dass diplomatisches Verhalten Kompromissbereitschaft, das Suchen nach Win-Win-Situationen und die Maximierung eines langfristigen Nutzens beinhaltet – hier gilt Schreien, Eskalation und Säbelrasseln.

Wie es anders geht, zeigt die Volksrepublik China. Zu Beginn dieser Woche einigten sich 14 palästinensische Organisationen in der chinesischen Hauptstadt auf die „Pekinger Erklärung“: eine Einigung des palästinensischen Widerstands durch eine Erweiterung der PLO und eine Konsensregierung – nichts Geringeres war in dem Papier festgehalten, unter das die palästinensischen Repräsentanten unter chinesischer Vermittlung ihre Unterschrift setzten.

Die „Pekinger Erklärung“ verdeutliche „Chinas aufrichtige Bemühungen, die Rechte des palästinensischen Volkes zu unterstützen, die Spaltung zu beenden und die palästinensische Position zu vereinheitlichen“, so eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Chefdiplomat Wang Yi wies daraufhin, dass die Volksrepublik eine „konstruktive Rolle bei der Sicherung von Frieden und Stabilität“ im Nahen Osten spielen wolle.

Am Dienstag (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe von UZ) wurde dann der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in Peking erwartet. Hauptthema: Der Krieg in der Ukraine und was nötig ist, um einen dauerhaften und gerechten Frieden zu erreichen. China hatte bereits 2023 einen 12-Punkte-Plan für Frieden in der Ukraine erstellt und einen Sonderbotschafter ernannt. Der Westen hatte dies belächelt – und sabotiert.

Während die USA mit ihrer Wahlkampf-Telenovela beschäftigt sind, zeigt derweil EU-Außenbeauftragter Josep Borrell, was seine Interpretation von Diplomatie ist: Weil Victor Orbán nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft zu Gesprächen nach Kiew, Moskau und Peking gereist ist, will er das geplante EU-Außenministertreffen in Budapest boykottieren. In der EU darf sich so jemand „Chef-Diplomat“ nennen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"So geht Diplomatie", UZ vom 26. Juli 2024



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit