Bayer-Aktionäre trafen sich zur Hauptversammlung in Köln

Skandale und Verbrechen

Dr. Marijn Dekkers

Marijn Dekkers war bis April 2016 Vorstandsvorsitzender der Bayer AG. Er gehört dem Board of Directors bei General Electric an und ist seit dem 1. Mai 2016 Aufsichtsratsvorsitzender bei Unilever. Als Vorstandsvorsitzender von Bayer übernahm er im September 2014 für zwei Jahre die Präsidentschaft des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Frankfurt.

In der Eigendarstellung der Bayer AG liest sich die Bewertung seiner Amtszeit so: „Während seiner wirtschaftlich und strategisch erfolgreichen Amtszeit akquirierte Bayer unter anderem das Consumer-Care-Geschäft von Merck & Co., Inc., brachte den Teilkonzern Material­Science unter dem Namen ‚Covestro‘ an die Börse und richtete sich konsequent auf die Life-Science-Geschäfte aus.“ (Quelle: bayer.de)

Axel Köhler-Schnura, Coordination gegen BAYER-Gefahren und Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre

Axel Köhler-Schnura, Coordination gegen BAYER-Gefahren und Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre

( Anabel Schnura)

Uns Kritischen Bayer-AktionärInnen wird von den Vorständen oft vorgeworfen, wir würden die Hauptversammlung als politische Bühne missbrauchen.

Das weise ich energisch zurück. Wir sprechen hier stets völlig korrekt zur Sache, zur aktuellen Geschäftstätigkeit des Konzerns. Wir können nichts dafür, dass all die Skandale, Vergehen und auch Verbrechen, die wir vortragen, mit eben dieser Geschäftstätigkeit verbunden sind. Dafür sind die Vorstände und Aufsichtsräte verantwortlich und nicht wir, die wir das kritisieren. Doch jetzt zur Verabschiedung von Herrn Dekkers (siehe Infokasten). (…)

Wir Kritische AktionärInnen (können) die Rekordprofite und Rekorddividenden Ihrer Amtszeit nicht mit rauschendem Applaus feiern, wie das heute Mittag von einem Aktionärsvertreter hier gefordert wurde. Aus unserer Sicht sieht die Bilanz Ihres Schaffens ganz anders aus. Hier drei Beispiele:

1. Herr Dekkers, mit Ihrem Namen verbinden sich die vielen Menschen, die durch XARELTO ihr Leben und ihre Gesundheit lassen mussten.

2. Mit Ihrem Namen verbinden sich die vielen Arbeitsplätze, die Sie im Konzern vernichtet haben. Alleine die Ausgliederung von COVESTRO wird auf Perspektive Tausende von ehemaligen Bayer-Beschäftigten den Arbeitsplatz kosten und mehr oder weniger für alle Betroffenen soziale Unsicherheit bringen.

3. Und schließlich sind da die unzähligen jungen Frauen, denen die von Ihnen durchgepeitschte Anti-Baby-Pille YASMIN die Gesundheit und auch das Leben kostete.

Aktuelle Zahlen sprechen von mehr als 17 000 Opfern. Bei einer hohen Dunkelziffer wohlgemerkt, da Sie die entsprechenden Zahlen geheim halten. (…)

Heute wird auf eine Aktie im Wert von 2,56 Euro eine Dividende von 2,50 Euro ausgeschüttet. Das entspricht einer Rendite auf das gezeichnete Kapital je Aktie von 98 Prozent. Nach Kosten und Steuern, wohlgemerkt.

Ihr Vorgänger, Herr Schneider, sprach es einmal ganz offen aus: „Wir sind auf Profit aus. Das ist unser Job.“ Und ein anderer Ihrer Vorgänger, Herr Grünewald, meinte: „Für Ethik ist die Ethik-Kommission zuständig. Für die Moral die Kirche. Wir sind für den Profit zuständig.“ Also macht es auch keinen Sinn, um den heißen Brei herumzureden. (…)

Es sei wie jedes Jahr angemerkt, dass wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.

Weiterhin stellen wir die Anträge,

A. den Vorstand nicht zu entlasten und

B. auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.

Wir begründen diese Anträge damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im heute vielfältig dargelegten Sinne im zur Debatte stehenden Geschäftsjahr in keiner Weise gerecht wurden und zudem uns AktionärInnen hier im Saal und die breite Öffentlichkeit immer wieder in die Irre führen.

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"Skandale und Verbrechen", UZ vom 13. Mai 2016



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