Skandal oder Sommerloch?

Christoph Kühnemund zu Fipronil-Eiern

er sogenannte „Fipronil-Skandal“ weitet sich offenbar aus. Die Panik ist so groß wie das mediale Sommerloch, in dem dieser Tage bereits Menschen fressende Welse in der Mosel gesichtet wurden. Via Fernsehen erreichen uns Bilder, die zeigen, wie Abertausende, an sich einwandfreie Eier in Container gematscht, vernichtet werden.

Doch was ist Fipronil überhaupt? Es handelt sich um ein in diesem Fall wohl heimlich unter Stallreinigungsmittel gemischtes Insektizid zur Bekämpfung von Parasiten, die in den engen und überfüllten Legeställen an der absoluten Tagesordnung sind. Es wird aber auch bei Haustieren wie Hunden und Katzen verabreicht, um Parasitenbefall zu bekämpfen.

Nach dem Dioxinskandal und Bio-Eiern, die gar keine waren, hat die Eierwelt also ihren nächsten großen Aufreger. Die Berichterstattung verhält sich größtenteils, als handele es sich um eine tödliche Seuche. Dabei geht etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bei einem Richtwert von 0,009 mg pro Kilogramm Körpergewicht davon aus, dass ein Erwachsener bedenkenlos sieben Fipronil-Eier am Tag essen könne, ausgehend von einem Körpergewicht von 65 kg, ohne dabei den genannten Grenzwert zu überschreiten. Ein Baby von 10 kg Körpergewicht könne immerhin noch ein Ei verzehren. Die allgemein empfohlene Verzehrmenge, lange vor Fipronil gültig, beträgt lediglich drei Eier pro Tag für Erwachsene.

Die ganze Aufregung taugt also eher dazu, das mediale Sommerloch zu füllen, als für eine handfeste Gesundheitskatastrophe. Wir kaufen dann mal zwei Wochen lang keine Eier, bis die Sache aus den Nachrichten ist, genau wie damals BSE oder die Pferde-Lasagne. Um ernst genommen zu werden fehlt der ganzen Skandaldebatte vor allem auch die Beleuchtung der Hintergründe, warum es überhaupt dazu kam. Doch Einblicke in die Legebatterien tun sich die meisten Menschen ohnehin ungern an. Die fortgesetzte Tierquälerei in diesen Anlagen ist Ausdruck der auf die Spitze getriebenen Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion. Würden die Tiere unter akzeptablen Bedingungen gehalten, wäre der Aufwand gewiss teurer und der Preis für Eier und Eiprodukte ein anderer. Doch bei regelmäßig gereinigten Ställen und weniger Hühnern pro Quadratmeter würde erst gar nicht auf die Idee gekommen, diese chemische Keule den chemischen Reinigungskeulen unterzumischen, ohne welche die völlig verdreckten Legeställe nicht mehr sauber zu bekommen sind.

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"Skandal oder Sommerloch?", UZ vom 18. August 2017



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