Beschäftigte von Charité und Vivantes machen es vor: Streik bringt Entlastung

Signal von der Spree

Rena Piwosk

31 Tage Streik und zähe Verhandlungen haben sich gelohnt. Am 7. Oktober verständigten sich Charité und die Gewerkschaft ver.di in Berlin auf Eckpunkte für einen Tarifvertrag „Gesundheitsfachberufe Charité“. Am vergangenen Samstag kamen an die 5.000 Menschen zu der Demonstration der Berliner Krankenhausbewegung „Wir retten euch – Wer rettet uns?“. Sie feierten den Etappensieg – nicht ohne das nächste Ziel zu benennen. Jetzt heißt es: Alle Augen auf Vivantes und ihre Tochterfirmen, denn für deren Beschäftigte, ihre Entlastung und höhere Löhne durch die Eingruppierung in den Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (TVÖD) gilt es weiter zu kämpfen.

Mehr Personal für eine nachhaltige Entlastung der Beschäftigten ist das Ziel der für die Charité vereinbarten Eckpunkte. In den kommenden Wochen sollen sie in einen unterschriftsreifen Tarifvertrag Entlastung münden. Mehr als 700 zusätzliche Pflegekräfte sollen in den nächsten drei Jahren an der Charité eingestellt werden. Für Intensivstationen, OP-Säle, die Zentrale Notaufnahme und weitere Stationen soll es bessere Richtwerte für die Personalbemessung geben. Zudem wird ein Belastungsausgleich mit Punktesystem eingeführt. Für die Arbeit zum Beispiel in unterbesetzten Schichten sollen Pflegekräfte Belastungspunkte erhalten, die sie in Freizeit einlösen können. Auch der Anspruch auf Erholungsbeihilfen, Kinderbetreuungszuschüsse, Altersteilzeitkonten und Sabbaticals wird geregelt. Verbesserungen soll es auch für Azubis geben, darunter die Einrichtung neuer Ausbildungsstationen sowie mehr Zeit für die Praxisanleitung. Etwa die Hälfte der Auszubildenden konnte sich bislang nicht vorstellen, langfristig im Pflegeberuf zu bleiben. Viele brechen die Ausbildung wegen der enormen Belastung ab, denn oft werden sie wegen des Mangels an Pflegekräften voll eingesetzt.

Der Tarifvertrag „Gesundheitsfachberufe Charité“ wäre ein weiterer Meilenstein im Kampf um Entlastung. Dieses großartige Ergebnis ist ein Erfolg der Berliner Krankenhausbewegung, die nicht am Ende ist, sondern laut ver.di-Verhandlungsführerin Meike Jäger „perfekt steht“. Forderungsdiskussionen in allen Teams, die „Ausbildung“ von Tarifbotschaftern sowie die Entwicklung eines großen solidarischen Umfeldes bedurften guter Vorbereitung und Organisation. Die Berliner Bevölkerung war immer wieder gefordert, sich zur Zukunft der Versorgung in den Kliniken von Charité und Vivantes zu positionieren, und das tat sie auch, zeigte Gesicht auf Aktionen und Demos und brachte den Streikenden Kaffee, Kuchen und Pizza.

Am Dienstag zeichnete sich durch die Vorlage eines weiteren Eckpunktepapieres auch ein Erfolg für die Kolleginnen und Kollegen von Vivantes ab. Dann hieße es: Druck auf die Tochterunternehmen. Deren Beschäftigte, unter anderem in Reha, Reinigung, Wäsche, Fahrdienst und Logistik, kämpfen unter dem Motto „TVÖD für alle an der Spree“ für höhere Löhne.

Wie schon 2016, als an der Charité der erste bundesweite Tarifvertrag für Entlastung in einem Krankenhaus erkämpft wurde, ist der jetzige Erfolg ein Orientierungspunkt für viele Krankenhausbelegschaften. Egal ob in Hamburg, NRW oder Frankfurt – bundesweit wollen Beschäftigte mit ihrer Gewerkschaft ver.di für bessere Arbeitsbedingungen und Entlastung kämpfen. So wie an der Charité: Mutig, solidarisch, organisiert! Und vor allem gemeinsam an vielen Krankenhausstandorten zugleich. So gewinnen Belegschaften und Bevölkerung ihre Gesundheit zurück.

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"Signal von der Spree", UZ vom 15. Oktober 2021



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