Zum Putsch in Niger

Sieger von morgen

Das Sichere ist nicht sicher – diese Erkenntnis sollte den Regierenden der imperialistischen Mächte, die gewohnt sind, dass die Regierungen Westafrikas nach ihrer Pfeife tanzen, langsam dämmern. Nach Guinea, Mali und Burkina Faso hat jetzt auch das Militär Nigers gegen einen „verlässlichen Partner“ des Westens geputscht.

Welchen Weg die Junta in Niamey einschlagen wird, ist noch nicht klar. Anzeichen aber gibt es: Übergangspräsident General Abdourahamane Tiani hat erklärt, mit Mali und Burkina Faso eine Allianz gegen den Terrorismus bilden zu wollen. Viele Menschen in Niger sind der neokolonialen Einflussnahme Frankreichs, aber auch Deutschlands und der USA überdrüssig. Ihre Nachbarn in Mali und Burkina haben ihnen gezeigt, dass man ausländische Militärs nach Hause schicken kann. Tausende Demonstranten forderten am Sonntag vergangener Woche vor der französischen Botschaft in Niamey den Abzug der 1.500 in Niger stationierten französischen Soldaten. Sie hissten die nigrische und russische Fahne und erklärten ihre Unterstützung für Tiani. Sollte der sich an der Macht halten wollen, wird er den Wunsch der Bürger seines Landes nach Unabhängigkeit ernst nehmen müssen.

Die Reaktionen des Westens auf den Putsch sind wütend, noch wütender als die auf die Staatstreiche in Mali und Burkina. Frankreich und die USA unterhalten feste Militärbasen in Niger. Frankreich und Deutschland hatten ihre aus Mali abgezogenen Soldaten in Niger stationiert. Alternative Standorte für militärische Operationen im Sahel gibt es nicht mehr. Auf Uran, Gold und andere Rohstoffe aus Niger kann vor allem Frankreich kaum verzichten.

Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS, dem Imperialismus stets zu Diensten, droht schon mit militärischer Intervention, sollte der Putsch nicht rückgängig gemacht werden. Frankreich hat Vorwürfe nicht dementiert, militärisch eingreifen zu wollen.

Das Selbstbewusstsein der Westafrikaner ist in den letzten Jahren allerdings deutlich gewachsen. Am Montag erklärten die Übergangsregierungen Malis und Burkina Fasos, jedwede militärische Intervention in Niger als Kriegserklärung auf ihre Länder zu verstehen und dem nigrischen „Brudervolk“ solidarisch beizustehen. Im Falle eines Angriffs wollen beide Länder aus ECOWAS austreten. Hält Westafrika zusammen, könnte aus „niemals“ „heute noch“ werden.

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"Sieger von morgen", UZ vom 4. August 2023



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