Nach der vorgezogenen Parlamentswahl in Bulgarien hat es am Montag zunächst keine Klarheit über die neue Regierung gegeben. Der bürgerliche Wahlsieger Boiko Borissow (GERB) wollte sich nicht über mögliche Koalitionspartner äußern, weil seine Partei erst kommende Woche Beratungen darüber aufnimmt. Die GERB hatte mit 32,6 Prozent der Stimmen die Wahl gewonnen, die absolute Mehrheit im Parlament aber deutlich verfehlt.
Zweitstärkste politische Kraft wurde die Sozialistische Partei mit 27,1 Prozent der Stimmen. Damit verdoppelte sie fast ihr Ergebnis von der Neuwahl 2014.
Die Partei ist im Aufschwung, vor allem seit der Wahl der neuen Parteichefin Kornelia Ninowa im Mai 2016. Deswegen lehnen die Sozialisten jegliche Gespräche über eine „große Koalition“ mit der GERB ab. „Wir sind eine Alternative zur GERB“, sagte Ninowa nach einer Sitzung der Parteiführung.
Bis die neue Regierung steht, wird das Interimskabinett in Sofia weiterregieren. Es wurde vom neuen Staatschef Rumen Radew im Januar ernannt.
Die Neuwahl war durch den Rücktritt der Mitte-Rechts-Regierung im November 2016 wegen des Scheiterns der GERB bei der Präsidentenwahl ausgelöst worden. Borissow war von 2009 bis 2013 sowie von 2014 bis 2016 Ministerpräsident, wobei er die Regierungsgeschäfte bis Januar 2017 trotz Rücktritts weiter führte.
Mögliche Koalitionspartner der GERB wären jetzt das nationalistische Bündnis Vereinigte Patrioten (9,06 Prozent) und auch die populistische Wolja (Willen). Die Partei eines Unternehmers aus der Schwarzmeerstadt Warna, Wesselin Mareschki, schaffte es auf Anhieb, mit 14,5 Prozent ins Parlament einzuziehen. Im neuen Parlament in Sofia ist auch die Bewegung für Rechte und Freiheiten DPS der türkischen Minderheit vertreten. Jetzt kam sie auf gut neun Prozent (nach 14,8) und wird nicht mehr drittstärkste Kraft im Parlament sein.
Unter der Vier-Prozent-Hürde blieb der pro-westliche Reformblock, der bis zuletzt Koalitionspartner in Borissows Mitte-Rechts-Regierung gewesen war. Jetzt stürzten die Reformer um die frühere EU-Kommissarin Meglena Kunewa von 8,9 Prozent auf drei Prozent. Auch die neue Türkenpartei DOST, der Nähe zum türkischen Präsidenten Erdogan nachgesagt wird, schaffte es nicht ins Parlament.