China ist dabei, die USA und Deutschland nicht: Mit RCEP entsteht die größte Freihandelszone der Welt

„Sieg des Multilateralismus“

Mitten in der kapitalistischen Krise, der Corona-Pandemie und kurz nach den US-Präsidentschaftswahlen platzte die Nachricht in das Geschehen wie eine Bombe: Die Regierungen der ASEAN-Staaten, Chinas, Japans, Südkoreas, Australiens und Neuseelands unterzeichneten das Freihandelsabkommen „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (RCEP) – auf Deutsch: „Umfassendes Regionales Wirtschaftsabkommen“. Das gemeinsame BIP der Unterzeichnerstaaten beläuft sich auf 25 Billionen Euro und übertrifft damit das der am Freihandelsabkommen USMCA beteiligten Länder USA, Mexiko und Kanada sowie der Europäischen Union.

Über die kommenden 20 Jahre sollen in der neuen Freihandelszone Zölle und andere Handelshemmnisse abgebaut werden. Zum Schrecken der Politiker in USA und EU entsteht ein Bündnis, in das sie nicht eingebunden sind. Daran schuld seien die USA und ihr Protektionismus, kommentierte die „FAZ“ am Montag. Die ASEAN-Länder hatten noch vor fünf Jahren geplant, ein asiatisch-pazifisches Abkommen unter Einschluss der USA abzuschließen. Die TPP (Transpazifik-Partnerschaft) war aber von den USA gekündigt worden – als eine erste Amtshandlung von US-Präsident Donald Trump. Nach einem kurzen Schock sagten sich die ASEAN-Länder, „Dann machen wir das eben ohne die USA“ und schlossen das CPTTP ab, dem neben den ASEAN-Staaten Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Mexiko, Chile und Peru angehören. Mit dem RCEP gibt es nun zwei Abkommen, in das 19 Länder eingebunden sind, nicht aber die EU und die USA. Dafür ist die VR China dabei – trotz aller Differenzen, die zwischen China und den Bündnispartnern bestehen.

Chinas Premierminister Li Keqiang bezeichnete das Abkommen als Meilenstein in der regionalen Zusammenarbeit in Ostasien und als einen Sieg des Multilateralismus und des Freihandels. Ähnlich äußerte sich der Ministerpräsident Vietnams, Nguyen Xuan Phuc. Er hebt die Bedeutung vereinfachter Handelsbeziehungen für sein Land hervor. Die indonesische Regierung erwartet, dass die Vereinbarung dazu beitragen wird, die Unsicherheit im Welthandel zu überwinden und eine Erholung vom Pandemie-bedingten Abschwung zu unterstützen.

Durch das Abkommen entsteht nicht nur die größte Freihandelszone auf dem Globus. Der Wille der Staaten, die das Abkommen ausgehandelt haben, macht klar, dass sie auf die eigenen Leistungen bauen und sich international als eigenständige Kraft zeigen. Es ist bestimmt auch kein Zufall, dass die Unterzeichnung des Vertrages auf einen Zeitpunkt fällt, der in der Phase des Übergangs von Trump auf Biden in den USA liegt.

Dem deutschen Kapital ist RCEP offensichtlich gar nicht geheuer. Denn der regionale Handelsaustausch könnte seine Profitmöglichkeiten beschränken und neue Weltmachtambitionen relativieren. Die „FAZ“ schrieb dazu am Sonntag, dass „ausgerechnet das kommunistische Peking“ diesen Staaten „der verlässlichere Partner“ zu sein scheine, dem alles gelinge. „Internetblase, Finanz- und Klimakrise, Flüchtlinge, das Ringen mit dem radikalen Islam – auf all dies scheinen Demokratien keine Antwort zu finden. Der Westen trudelt von Krise zu Krise und Peking steht handlungs- und hilfsbereit da.“ Das Kapital spürt, dass seine Herrschaft bröckelt, deshalb wolle Berlin nun gemeinsam mit Paris die EU „zu einem klareren Handeln im indo-pazifischen Raum“ drängen, so die „FAZ“ weiter. In ihren „Leitlinien zum Indo-Pazifik“ hat die Bundesregierung Ende Oktober kundgetan, dass sie sich in dieser Region stärker engagieren will – unter Einschluss militärischer Präsenz.

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"„Sieg des Multilateralismus“", UZ vom 20. November 2020



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