Golan, Negev, Jerusalem, Westbank: Die israelische Siedlungspolitik geht unvermindert weiter. Woche für Woche demonstrieren Palästinenser auf der Westbank gegen die israelische Siedlungspolitik. Immer wieder trifft sich der UN-Sicherheitsrat und berät über den Palästina-Konflikt. Und zum wiederholten Male betonte hier der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, im Januar, wie dringend es sei, eine Lösung zu finden.
Während ein palästinensischer Staat über Jahrzehnte im Schattenreich zwischen Tod und Leben gehalten wird, werden zur gleichen Zeit vor Ort Fakten geschaffen. Immer wieder gründen extremistische Siedlergruppen „Außenposten“, die selbst nach israelischem Recht zunächst einmal illegal sind. Proteste dagegen werden oft von Militär, Grenzschutz und Siedlern gemeinsam unterdrückt. Im letzten Jahr gab es 496 Angriffe von Siedlern, eine Steigerung von fast 40 Prozent gegenüber dem Jahr 2020.
Bei einem besonders gewalttätigen Vorfall überfielen letzten Freitag Siedler des Außenpostens Givat Ronen eine Gruppe von Palästinensern und israelischen Friedensaktivisten, die gemeinsam Bäume pflanzen wollten. Sieben von ihnen wurden zum Teil schwer verletzt, ein Auto wurde mit Benzin übergossen und angezündet. Eine Reaktion von Regierung oder Politikern gab es nicht.
Die „legale“ Siedlungspolitik steht dem nicht nach. Vielen palästinensischen Familien droht die Vertreibung aus Jerusalem. Letzte Woche wurde ein Haus in Ostjerusalem zerstört – vorgeblich, weil es ohne Baugenehmigung errichtet worden sei. Zuvor machte hier eine Familie auf sich aufmerksam, die drohte, ihr Haus und sich selbst in die Luft zu sprengen, wenn sie vertrieben würde. Zunächst schien ihr Protest Erfolg zu haben, doch einige Tage später wurden sie in einem nächtlichen Überfall verhaftet, ihr Haus zerstört.
Die Familie wird ihren Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag bringen, der sich vor einem Jahr für zuständig für die besetzten Gebiete erklärt hatte. Die Hamas begrüßte die Zuständigkeit des ICC.
Zu einem Prüfstein für die Regierung wurden Aufforstungen im Negev. Hier leben 300.000 Palästinenser in den ärmsten Gemeinden innerhalb Israels. Es fehlen Schulen und Gesundheitseinrichtungen – und israelische Baugenehmigungen. 114 voll anerkannten Siedlungen und Kibbuzim stehen 53 arabische Dörfer gegenüber, von denen nur sieben vom Staat uneingeschränkt anerkannt sind.
Die israelische Innenministerin Ajelet Schaked kündigte im letzten Dezember den Bau von neuen Siedlungen auf dem Negev an, um die jüdische Bevölkerung dort innerhalb der nächsten zehn Jahre auf zwei Millionen zu erhöhen. Projekte zur Aufforstung bedrohen sechs nicht anerkannte arabische Siedlungen.
Als im Januar die Bulldozer anrollten, um die ersten Gebäude zu zerstören, kam es zu Protesten, die von Polizei, Geheimdienst und Militär niedergeschlagen wurden. 100 Palästinenser wurden verhaftet.
Besondere Brisanz erhielt das Vorgehen, weil hier in den arabischen Dörfern die Wählerbasis der Ra’am-Partei beheimatet ist. Die israelische Regierung ist auf die Stimmen dieser arabischen Partei in der Knesset angewiesen. Vorübergehend nahm die Ra’am-Partei die Proteste auf und verweigerte die Zusammenarbeit in der Koalition. Doch die Regierungsbeteiligung wog schwerer als die Interessen der Wählerbasis und Ra’am beendete ihre kurze Blockade.
Siedlungen ohne Ende. „Bereiten Sie sich auf das Begräbnis der Zwei-Staaten-Lösung vor, wenn es nicht ganz schnell zu Taten kommt“, rief der palästinensische Außenminister dem UN-Sicherheitsrat zu. Es war ein später Nachruf.