Sichere Rente per Stimmzettel?

Gebhard Hofner zur Rentendebatte der IG Metall

Gebhard Hofner war langjähriger Konzernbetriebsratsvorsitzender in einem Metallunternehmen

Gebhard Hofner war langjähriger Konzernbetriebsratsvorsitzender in einem Metallunternehmen

Vor 30 Jahren hatte der damalige Arbeitsminister Norbert Blüm Plakate verbreitet mit der Losung „Denn eins ist sicher: Die Rente.“ Jetzt befürchtet er, dass das Rentenniveau in die Nähe der Sozialhilfe abgleitet.

Auch die IG Metall fordert einen Kurswechsel in der Rentenpolitik. Sie kritisiert, dass das Rentenniveau des Durchschnittsrentners nach 45 Beitragsjahren bis 2030 auf 43 Prozent des Nettoentgelts sinken soll. Derzeit sind es 47,5 Prozent, 2000 waren es noch 50 Prozent des Nettoentgelts. Noch dramatischer ist die tatsächliche Nettorente: sie betrug 2015 für die 18 Millionen Bezieher von Altersrente im Durchschnitt 821 Euro, Rentnerinnen im Westen erhalten durchschnittlich 575 Euro, Bezieher von Erwerbsminderungsrente erhalten im Durchschnitt 732 Euro.

Die IG Metall will jetzt eine gesellschaftliche Debatte entwickeln, wie die Zukunft der Renten und der Rentenbezieher aussehen soll. Auch andere Gewerkschaften und der Sozialverband VdK gehen das Thema an.

In der aktuellen Arbeitszeit-Debatte in der IG Metall ist endlich Selbstkritik zu hören, wenn der Vorsitzende Jörg Hofmann die defensive Haltung der Vergangenheit kritisiert. Diese Selbstkritik darf auch bei der Renten-Debatte nicht fehlen:

• Die frühere Orientierung der IG Metall auf Senkung der „Lohnnebenkosten“ zur Sicherung des „Standort Deutschland“ hat nur zur Entlastung der Arbeitgeber geführt, die Beschäftigten haben das mit höheren Beiträgen und schlechteren Leistungen bezahlt.

• Die „Riester-Rente“ wurde vom ehemaligen 2. Vorsitzenden der IG Metall auf gut bezahlten Vorträgen propagiert. Sie hat zu staatlich geförderten Gewinnen der Versicherungskonzerne geführt, aber nicht zu einer Verbesserung der Lage der Rentner.

• Der VdK fordert eine paritätische Finanzierung der Betriebsrenten, die IG Metall verweist auf die Traditionen der anteiligen oder teilweise alleinigen Arbeitgeberfinanzierung. In der jetzigen Form trägt aber der Betriebsrentner auch den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung.

Die von IG Metall wie VdK geforderte Erwerbstätigenversicherung, in der alle Erwerbstätigen versichert sind, also auch Selbstständige und Beamte, sollte zur Regelversicherung werden. Deren paritätische Finanzierung ist die beste Alternative zum Modell der drei Säulen (gesetzliche, betriebliche, private Rentenvorsorge). Die Auseinandersetzung um die Rente mit 67 hat uns gezeigt: Einen solchen Kurswechsel werden wir nicht mit dem Stimmzettel bei der Bundestagswahl durchsetzen, dafür braucht es Druck in den Betrieben und auf der Straße!

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"Sichere Rente per Stimmzettel?", UZ vom 19. August 2016



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